40 Millionen aus Schließfächern: Noch immer keine Spur zu Bande
Ein vergleichbares Verbrechen sucht man in Österreichs Kriminalgeschichte vergeblich. Die Ermittler sprechen von einem „Jahrhundertcoup“ – zum einen wegen der rekordverdächtigen 17 Millionen Euro Beute alleine in Österreich und zum anderen wegen des filmreifen Vorgehens.
Zweieinhalb Jahre nachdem sieben Täter in einer aufsehenerregenden Aktion 68 Bankschließfächer leer geräumt haben – 29 in der Bank Austria in Klosterneuburg, 31 in der Raiffeisenbank Mödling und 8 in der Raika-Filiale in Wien-Döbling – tappen die Ermittler immer noch im Dunkeln. Die Gangster spazierten am 13. November 2020 mit mehreren Millionen Euro Bargeld sowie Goldbarren, Münzen, Schmuck, Juwelen und Luxusuhren seelenruhig aus den drei Banken.
Der Einbruch war derart professionell geplant und vorbereitet, dass sich die Ermittler an dem Fall seit damals die Zähne ausbeißen. „Leider konnten wir bis dato keinen Durchbruch erzielen. Wir arbeiten mit mehreren Ermittlern jedoch nach wie vor mit Hochdruck an diesem spektakulären Fall. Wir gehen derzeit mehreren Spuren nach, die uns vermuten lassen, dass die Tätergruppe aus Osteuropa stammt“, erklärt der Leiter des nö. Landeskriminalamtes, Stefan Pfandler.
In Ermangelung bahnbrechender Ansätze hat die Polizei diese Woche neue Details zu dem Verbrechen bekannt gegeben. Auch in der TV-Sendung „Fahndung Österreich“ wurde Mittwochabend ein neuer Fahndungsaufruf gestartet. Für Hinweise ist bereits eine Rekordbelohnung von 100.000 Euro ausgelobt.
Fest steht, dass die Bande nicht nur in Österreich aktiv war. Der Tätergruppe werden ähnliche Fälle in der Schweiz, Deutschland und Italien angelastet. International dürfte der Schaden mehr als 40 Millionen Euro ausmachen. „Wie uns von den betroffenen Banken versichert wurde, ist nunmehr eine Tatbegehung auf diese Art und Weise nicht mehr möglich“, erklärt Pfandler. Die Zutrittssysteme wurden jedenfalls überarbeitet.
Eines der manipulierten Lesegeräte der Bankkarten
Das manipulierte Kartenlesegerät wurde von der Spurensicherung analysiert. Die Kundendaten wurden mittels Skimming von den Magnetstreifen abgelesen
Überreste des leer geräumten Schließfächer
Ein Täter nach dem Einbau des Skimmingmoduls
Die Kunden wurde bei der Eingabe des Pin-Codes gefilmt
In den Instituten hatte man nicht das Geringste von den monatelangen Vorbereitungen der Gangster mitbekommen. Die Tätergruppe war vier Monate lang mehr als 40-mal unbehelligt zum Auskundschaften in den Saferäumen.
Kundendaten kopiert
Mittels eines Skimming-Tools an den Kartenlesegeräten wurden die Zugangsdaten der Kunden vom Magnetstreifen ihrer Bankkarten kopiert. Die Verdächtigen gewannen so entsprechende Daten und fertigten Duplikate der Zutrittskarten an. Die Täter entfernten in den Saferäumen einen Lichtspot an der Decke und montierten in das Loch eine Kamera. Diese war auf das Display der digitalen Safeanlage gerichtet und filmte die Kunden bei der Eingabe der PIN-Codes für die Schließfächer.
Laut den Ermittlungsergebnissen besteht kein Zusammenhang zwischen dem Coup und einem großen Hackerangriff auf die schwedische Firma Gunnebo, dem Hersteller der betroffenen Safeanlagen. Die Vorgangsweise beim Knacken der Schließfächer erforderte keinerlei Kundendaten von Gunnebo, so die Polizei. Dafür spricht auch, dass beim Schließfach-Coup Kunden betroffen waren, die erst nach dem Hackerangriff einen Banksafe mieteten.
Was den Millionenschaden der Bankkunden anbelangt, sind einige der geschädigten Kunden bereits mit Klagen gegen eines der Institute vorgegangen. Sie wurden diesbezüglich vom Verbraucherschutzverein (VSV) unterstützt. In anderen Fällen konnten Kulanzlösungen erzielt werden. In den meisten Fällen wurden Geheimhaltungsvereinbarungen beschlossen.
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