Lieferengpässe bei wärmender Bekleidung?
Einzig: Gelernt haben die Schüler das Einmaleins einer richtigen Einvernahme zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Und: Offenbar fehlt es auch an der nötigen Bekleidung, die die Jung-Polizisten gegen die pannonische Kälte schützen soll. Denn Hosen, Jacken und wärmende Unterwäsche sollen bei der Polizei aufgrund von Lieferengpässen momentan Mangelware sein, heißt es von Insidern.
Die Gewerkschaft zeigt sich empört: „Ausbildung muss Ausbildung bleiben. Man kann mit jungen Polizisten nicht so umgehen und sie alleine lassen und sich dann wundern, dass wir zu wenige Bewerber für den Polizeiberuf haben“, sagt Hermann Greylinger (FSG).
Normalerweise wird die sogenannte „Praxisphase 1“ für die Dauer von drei Monaten auf einer Polizeiinspektion unter dem wachsamen Blick eines sogenannten Betreuungsbeamten absolviert, der als Art Mentor bezeichnet werden kann. Die Polizeischüler lernen in dieser Zeit, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Wie etwa eine richtige Einvernahme.
Zwei Monate Grenze, eines Polizeiinspektion
Da jedoch der Flüchtlingsstrom im Burgenland so groß ist (mehr als 74.000 Aufgriffe heuer), setzt das Innenministerium nun auf außergewöhnliche Maßnahmen und schickt die angehenden Polizeischüler ohne Praxiserfahrung direkt ins Burgenland.
Die "Praxisphase 1" sieht also zwei Monate an der Grenze und eines auf einer Polizeiinspektion vor. Zunächst wurde laut Insidern eine Verlängerung der Praxisphase auf insgesamt vier Monate angedacht, nun aber abgeblasen. Wie auch der Erlass belegt, den es seit heute zum Grenzeinsatz gibt.
Das bestätigt auch das Innenministerium. „Der Landespolizeidirektion Burgenland wurde durch das Innenministerium ein enger Rahmen bezüglich der Einsatzbarkeit der Polizeischüler gesetzt."
Dazu zählen laut einem Sprecher: Protokollieren, das Nehmen von Fingerabdrücken, Eintragen von Daten in das IT-System. Eigene Einvernahmen seien nicht vorgesehen, sondern „lediglich der Beisitz bei der Einvernahme", wie es heißt. Eine Betreuung durch erfahrene Kollegen sei auch an der Grenze gegeben.
Ob die niederösterreichischen Polizisten die einzigen an der Grenze bleiben oder weitere aus den Bundesländern folgen? „Eine Reduzierung bzw. Ausweitung der Einsatzkräfte im Burgenland ist von der weiteren Entwicklung abhängig", erklärt das Ministerium.
Schnuppern in der "realen Polizeiarbeit"
Niederösterreichs Landespolizeidirektor Franz Popp kann diesem Modell durchaus etwas abgewinnen. Die nö. Polizeischüler, die in den kommenden Tagen ins Burgenland wechseln, wurden darauf eingestimmt, den Grenzeinsatz als Chance zu nutzen, möglichst viel aus der "realen Polizeiarbeit" für ihre Ausbildung mitzunehmen. "Es ist nicht ganz neu. Polizeischüler wurden auch schon früher für die Grenzkontrollen zu Tschechien oder in der Corona-Pandemie zur Kontrolle der Covid-Maßnahmen eingesetzt, immer anlassbezogen", erklärt Popp.
Offen bleibt, ob es wirklich zu wenig Kleidung für die Jungpolizisten an der Grenze gibt. Gebraucht wird diese jedenfalls dringend. Dem KURIER liegen Bilder vor, die eine Bestell-Liste von niederösterreichischen Polizeischülern zeigen, bei der sie aufgefordert werden, anzukreuzen, was von Nöten ist. Besonders viele Kreuze finden sich bei Rollkragenpullovern, Einsatz-Blousons und Einsatzhosen.
Diese Listen bestätigt auch das Innenministerium. „Die zugeteilten Polizeischüler:innen verfügen grundsätzlich über die notwendigen Uniformsorten für den Einsatz. Eine Liste der fehlenden Gegenstände wurde dem BMI übermittelt. Bis der Einsatz kommende Woche startet, werden alle alle notwendigen Ausrüstungs- und Bekleidungsgegenstände haben", heißt es gegenüber dem KURIER.
Es hängt am Reißverschluss
Gerade Hosen seien offenbar aktuell Mangelware, da der vorgeschriebene flammenhemmende Reißverschluss für die Einsatzhosen nicht lieferbar ist, heißt es aus gut informierten Kreisen.
Ein anderer Weg, um das Problem zu lösen: jene Kleidungsstücke von Polizeischülern weiterzugeben, die ihre Ausbildung vorzeitig abgebrochen haben. In Wien sind dies laut Schätzungen heuer bereits 150 Personen.
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