Eine "flapsige" Antwort des Wiener Neustädter Bürgermeisters Klaus Schneeberger (ÖVP) in einem aktuellen Interview-Podcast zum Thema Integration verdeutlicht mitunter die Ohnmacht und Ratlosigkeit der Politik in der sensiblen Frage.
"Ich kann s’ ja ned daschlogn“ meinte Schneeberger – "natürlich nicht ernst gemeint“ – auf die Frage, was er tun solle, wenn Kinder trotz zahlreicher Integrationsmaßnahmen in den Schulen immer noch kein Deutsch sprechen.
Das Thema brennt vielerorts in Österreich unter den Fingernägeln. Mehr als jedes zweite Kind, das in Wien eine Schule besucht, spricht zu Hause nicht Deutsch. Die Schulstadt Wiener Neustadt steckt in einem ähnlichen bildungspolitischen Schlamassel. Klassen ohne ein einziges Kind mit deutscher Muttersprache sind in Brennpunktschulen bereits normal.
Die Volksschule Baumkirchnerring besuchen Kinder mit 26 verschiedenen Nationalitäten und 27 verschiedenen Erst- bzw. Muttersprachen.
Man habe zugewanderte Eltern, die den Lehrerinnen aus religiösen Gründen weder die Hand schütteln noch zum Elternsprechtag erscheinen, erklärt Bürgermeister Klaus Schneeberger.
Weil es Eltern aus anderen Kulturkreisen gibt, die nur wenig mit den demokratischen Grundwerten unserer Gesellschaft anfangen können, habe man in zwei Modellschulen in Wiener Neustadt ein Pilotprojekt unter wissenschaftlicher und organisatorischer Begleitung der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich (PH NÖ) gestartet.
Grenzen setzen
Im Rahmen der politischen Bildung bietet die PH NÖ zum Thema Migration Fortbildungsprogramme für Schulen, die sich mit unterschiedlichen Aspekten des Islam in politischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen auseinandersetzen und dort Grenzen setzen, "wo dies unverzichtbar erscheint“, heißt es im Konzept der Pädagogischen Hochschule.
Einen Schritt weiter geht man nun mit einem von Erwin Rauscher, dem Rektor der PH NÖ, ausgearbeiteten Pilotprojekt an der Volksschule Baumkirchnerring und der Neuen Mittelschule für Wirtschaft & Technik. Dabei geht es darum, mit Eltern und Kindern neue Verhaltensregeln festzulegen. "Es zielt darauf ab, eine respektvolle und werteorientierte Schulgemeinschaft zu fördern. Internationalität und kulturelle Vielfalt werden wertgeschätzt und positiv gestaltet. Gleichzeitig wird ein Verständnis für gemeinsame Werte in der österreichischen Gesellschaft aufgebaut“, so Rauscher.
Gewaltfrei
Wie der Rektor erklärt, soll das Projekt "ideologiefrei, demokratieförderlich und bildungsnah“ gestaltet werden. Im Mittelpunkt steht die Erarbeitung eines Verhaltenskodex für den gesamten Schulbetrieb mit Fokus auf der Förderung der deutschen Sprache – aufgrund der Vielzahl der Muttersprachen besonders in den Pausen, am Schulhof und in der Freizeit.
Wesentlicher Bestandteil der Idee sei außerdem die "Sensibilisierung der Eltern hinsichtlich österreichischer Werte und Umgangsformen“. Die Mittelschule für Wirtschaft & Technik wird sich außerdem dem Thema "Gewaltfreie interkulturelle Kommunikation“ widmen.
Um die Wirkung "zielgerichteter Aktivitäten“ zu analysieren, erklärt Rauscher, wird das Projekt von einem kleinen Forscherteam aus Hochschul- und Universitätsprofessoren begleitet und nach einer Evaluierung für alle Schulen in NÖ angeboten. Bei Bedarf wird das Programm angepasst.
Jede Verbesserung ein Gewinn
Wie die Direktorinnen Jasmin Steinböck (VS Baumkirchnerring) und Sabine Kreitzer (NMS Wirtschaft & Technik) erklären, sei "jede Maßnahme, die zu einer Verbesserung des Miteinanders in unseren Schulen beiträgt, ein Gewinn für alle."
Es gelte nach vorne zu blicken und das Gemeinsame zu fördern. "Damit das gelingen kann, ist es unbedingt erforderlich, dass wir auf Basis unserer gesellschaftlichen, demokratischen Grundwerte agieren und diese außer Streit gestellt werden", so die beiden Pädagoginnen.
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