Wissen Sie, was ein Horologe ist? Nein? Im nördlichsten Waldviertel ist diese Bezeichnung für einen Uhrmacher durchaus geläufig, dort liegt nämlich das Horologenland.
Dessen Zentrum Karlstein an der Thaya ist, ein kleiner Ort mit knapp 1.500 Einwohnern an der tschechischen Grenze. Und doch ist Karlstein weltberühmt, in Horologen-Kreisen jedenfalls. Denn in der örtlichen HTL ist die Fachschule für Präzisions- und Uhrentechnik untergebracht. Die nicht nur europaweit einzigartig ist, sondern an diesem Wochenende auch ihren 150. Geburtstag feiert.
Der Grund für eine Uhrmacherausbildung in Karlstein liegt noch weiter zurück. Ein Einwanderer aus Böhmen namens Pfeiffer, der sich um 1730 hier sesshaft machte, brachte die Fertigkeiten zur Produktion von einfachen Holzuhren mit. Nach und nach wurde die Region zum Horologenland. Um 1830 waren rund hundert Familien (600 Personen) mit der Holzuhrenerzeugung beschäftigt; rund 140.000 Stück wurden jährlich hergestellt. Mitte des 19. Jahrhunderts erkannte man die Notwendigkeit, Fachkräfte auszubilden. 1873 errichtete man eine Lehrwerkstätte, 1874 wurde daraus die „k. u. k. Fachschule für Uhrenindustrie“.
Gefragte Raritäten
150 Jahre später ist Uhrmacher ein gefragter Beruf. Ein sehr gefragter sogar. „Unsere Absolventen werden nicht nur in Österreich, sondern auf der ganzen Welt mit offenen Armen aufgenommen“, betont Direktor Wolfgang Hörmann. Die HTL Karlstein an der Thaya ist die einzige Uhrmacherfachschule in Österreich. Man bietet die Ausbildung sowohl als Berufsschule für Lehrlinge als auch als Fachschule nach der achten Schulstufe an. Der Nachwuchs kommt aus ganz Österreich hierher, aber auch aus Deutschland, Italien, der Schweiz und „wir hatten sogar schon einen Absolventen aus Japan“, erzählt Hörmann.
„Von der barocken Bodenstanduhr bis zur Rolex servicieren, reparieren und restaurieren Uhrmacher die kostbarsten Zeitmesser aus verschiedenen Epochen“, betont der Berufsgruppensprecher der Uhrmacher Österreichs und Landesinnungsmeister Johann Figl. Die Schule hat sogar Kooperationen mit Schweizer Luxusuhrenherstellern. „Und bis jetzt hat jeder Absolvent dieses Trainings auch ein Jobangebot von dieser Luxusmarke bekommen“, so Figl.
Die Umstellung auf die Winterzeit – wie die Normalzeit auch genannt wird – findet alljährlich am letzten Sonntag im Oktober statt. Heuer ist das also in der Nacht auf den 29. Oktober. Dann werden alle Uhren um drei Uhr eine Stunde zurückgestellt.
Am Handy geschieht das automatisch. Wer die Zeiger seiner Uhr aber von Hand umstellen muss, merkt sich am besten folgende Eselsbrücken: Im Frühling stellt man Tisch und Stühle vor die Terrassentür, im Herbst stellt man sie zurück ins Haus.„Im Winter gibt es Winterschlaf.“ Eine Stunde mehr Schlaf, denn die Uhren werden zurückgestellt.
Die Umstellung wurde 1980 infolge der Ölkrise von 1973 eingeführt. Durch die Sommerzeit hoffte man, Strom sparen zu können. 2018 votierten bei einer EU-Onlineumfrage 84 Prozent für ein Ende der Umstellung. Dafür müssen sich aber neben dem EU-Parlament (erfolgte 2019) noch die EU-Mitgliedsstaaten aussprechen.
Nachwuchssorgen
Doch trotz dieser Jobaussichten und der Nachfrage kämpft die HTL Karlstein mit Nachwuchsproblemen. Von den insgesamt rund 150 Schülern (seit 30 Jahren gibt es hier auch eine HTL für Mechatronik) ist rund ein Drittel im Uhrmacherbereich. Wenn man bedenkt, dass es in Österreich insgesamt circa 400 Uhrmacher gibt und jährlich angesichts einer rollenden Pensionierungswelle rund 30 von ihnen aufhören, kann man sich ausrechnen, dass die Uhr tickt. Auch die exponierte Lage der Schule und die schlechte Erreichbarkeit sind da nicht förderlich. Trotzdem gibt es zuletzt Grund zum Optimismus, auch mehr junge Damen haben eine Uhrmacherausbildung begonnen. Und die Attraktivität der Schule will man weiter heben, indem man sich als Ausbildungsstätte für nachhaltige Technologien wie Wasserstoff oder Dekarbonisierung positioniert. Das Ganze in Kooperation mit Firmen in der Region.
230 Gäste feierten beim Festakt am Freitag die Schule, darunter Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister, Bildungsdirektor Karl Fritthum, Landesinnungsmeister Johann Figl und Unterrichtsminister Martin Polaschek. „In ihrer Zeitreise durch die vergangenen 150 Jahre hat sich die Schule immer auch neuen Entwicklungen und Trends gestellt“, betonte Polaschek. und fügte hinzu: „Hier ticken die Uhren richtig“.
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