Kirche bei "Ehe für alle" gespalten

Die katholische Kirche ist bei der Eheöffnung gespalten
Verschiedene Vertreter der katholischen Kirche stehen anders zur Entscheidung.

Wie soll die Kirche mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) umgehen, dass die Ehe für Homosexuelle geöffnet wird? Eine einheitliche Linie ist bisher nicht zu erkennen – eher ein Generationenwandel.

Kardinal Christoph Schönborn, der am Wochenende noch mit dem Life Ball-Organisator Gery Keszler bei einem Gedenkgottesdienst aufgetreten ist, hat mit deutlicher Kritik reagiert: "Es ist beunruhigend, dass sogar die Verfassungsrichter den Blick verloren haben für die besondere Natur der Ehe als Verbindung von Mann und Frau. Sie ist wie keine andere Beziehung geeignet, Kinder hervorzubringen, zu hüten und aufzuziehen und damit die Generationenfolge zu sichern." Die Bischöfe stehen hinter dem Kardinal.

So schlägt der Diözesenbischof von NÖ, Klaus Küng, in dieselbe Kerbe: "Was der Kardinal gesagt hat, entspricht der gemeinsamen Erklärung der Bischöfe, die im Rahmen der letzten Sitzung am 12. November erarbeitet wurde." Und er ergänzt: "Es geht dabei nicht darum, die individuelle Lebensgestaltung der Menschen auf den Prüfstand zu stellen, es geht nicht darum, darüber zu sprechen wer wen liebt, sondern einzig um den Schutzcharakter, der der Verbindung von Mann und Frau zukommt."

Lob für Entscheidung

Caritas-Präsident Michael Landau auf der anderen Seite lobte den VfGH und zeigte für katholische Kreise recht deutlich seine Zustimmung. "Gerichte sprechen Recht. Ihr untadeliger Ruf und ihre Integrität sind in einer Demokratie von höchster Bedeutung. @KlausSchwertner (Generalsekretär der Caritas, Anm.) hat völlig recht: Es gibt viele gute Gründe, gerade in fordernden Zeiten auf den #VfGH ein Bier zu trinken", twitterte er am Dienstag.

Auch Helmut Schüller, Vorsitzender der "Pfarrerinitiative" und wie Landau Vertreter einer jüngeren Generation der Kirche, spricht sich für die Öffnung aus: "Ich begrüße die Regelung. Wir müssen an dem Punkt landen, an dem eine gleichgeschlechtliche Ehe möglich ist. Ich kann die Argumentation dagegen nicht nachvollziehen." Und: "Die Eheschließung unter homosexuellen Menschen hat ja keinerlei Einfluss auf den Rückgang bei den Eheschließungen heterosexueller Paare."

Die Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich, Gerda Schaffelhofer, übt dagegen Kritik am VfGH und seiner "politischen Handschrift". Gleichzeitig gestand sie ein, "dass offenbar auch viele Katholiken die kirchliche Auffassung vom Wesen der Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau mit der prinzipiellen Möglichkeit, gemeinsame Kinder zu zeugen, nicht mehr uneingeschränkt teilen." Für den katholischen Familienverband kritisierte Präsident Alfred Trendl, dass die Offenheit für die Zeugung gemeinsamer Kinder als "Wesen der Ehe" negiert werde.

Vorbehaltlos positiv fiel im Gegensatz dazu die evangelisch-lutherische Reaktion aus. "Dass auch für gleichgeschlechtlich liebende Menschen, die den Wunsch nach einer lebenslang verbindlichen Partnerschaft haben, der rechtliche Raum nun vollständig geöffnet wird, ist aus meiner Sicht zu begrüßen", sagt Bischof Michael Bünker.

Künftig wird es für homo- und auch heterosexuelle Paare neue Möglichkeiten geben, den Bund fürs Leben einzugehen. Der Verfassungsgerichtshof erlaubte am Dienstag nicht nur die von vielen Homosexuellen angestrebte Ehe für alle. Er machte zugleich den Weg frei zu einer „Ehe light“ für alle. Damit können sich umgekehrt heterosexuelle Paare vom 1. Jänner 2019 an für eine Verpartnerung entscheiden, die bisher der einzige Weg für Homosexuelle zu einer rechtlich bindenden Beziehung war. Doch was ist genau der Unterschied zwischen einer Ehe und einer eingetragenen Partnerschaft (EP)?

Keine Treuebeziehung

Insgesamt gibt es 29 Unterschiede der beiden Rechtsinstitute. Der Anwalt Helmut Graupner, der die Öffnung der Ehe erreicht hat, sagt: „Bei der EP handelt es sich um einen lockereren Verband als bei einer Ehe. Es ist eine weniger enge Beziehung und leichter auflösbar.“ So gibt es laut Graupner etwa kürzere Scheidungsfristen. Im Falle einer unheilbaren Zerrüttung gilt bei einer EP eine dreijährige Frist für eine einseitige Auflösung. Bei einer Ehe beträgt die Frist in Härtefällen bis zu sechs Jahre. Bei einer EP gibt es auch geringere Unterhaltspflichten. „Außerdem gibt es keine Treuebeziehung, sondern die Pflicht zu einer Vertrauensbeziehung“, sagt Graupner. Bei Kindern, Adoptionen und Erbrecht etwa gibt es keinen Unterschied zu einer Ehe. In Frankreich gibt es die EP schon seit 20 Jahren. Sie wird dort gerne von jüngeren Paaren genutzt – als Zwischenschritt zur Ehe.

Kirche bei "Ehe für alle" gespalten
Grafik + Illustration: Kurier-Infografik

In Österreich können gleichgeschlechtliche Paare seit 2010 ihre Partnerschaft eintragen lassen. 705 Paare haben im ersten Jahr davon Gebrauch gemacht. In den Folgejahren sank die Zahl zunächst (siehe Grafik oben), bevor sie 2014 wieder zu steigen begann. 477 eingetragene Partnerschaften wurden im Vorjahr geschlossen. Die meisten eingetragenen Partnerschaften davon wurden mit 215 in Wien begründet.

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