Kampusch: Ankläger unter Dauerbeschuss

Kampusch: Ankläger unter Dauerbeschuss
Der Grüne Peter Pilz fordert neue Ermittlungen und die Suspendierung von drei mächtigen Staatsanwälten.

Ein "verhaltensauffälliges Trio" hat Peter Pilz, Sicherheitssprecher der Grünen, ausgemacht und sich an seine Fersen geheftet. Es besteht aus Oberstaatsanwalt Werner Pleischl, dem Grazer Chefankläger Thomas Mühlbacher und dem Wiener Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter. Pilz forderte am Mittwoch die vorläufige Suspendierung der drei Herren, die als Justiz-Verantwortliche im Entführungsfall Kampusch unter Beschuss geraten waren. Pilz: "Man muss den Rechtsstaat vor diesen Staatsanwälten schützen."

Pleischl, Mühlbacher und Kronawetter sollen laut Ex-Höchstrichter Johann Rzeszut, der Teil der Kampusch-Evaluierungskommission war, wesentliche Erkenntnisse ignoriert und sich des Amtsmissbrauchs schuldig gemacht haben. Ein entsprechendes Verfahren gegen die Staatsanwälte, die stets alle Vorwürfe dementierten, wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Evaluierungs-Jurist Rzeszut zum KURIER: "Es gab bei der Pressekonferenz zur Einstellung kein einziges substanzielles Argument auf konkret vorliegenden Amtsmissbrauchsvorwürfe." Daher zeigt sich Rzeszut auch erfreut, dass sich im Parlament einiges bewegt und vieles hinterfragt wird. "Es muss neue Ermittlungen geben", sagt Peter Pilz, der von "Gefälligkeitsjustiz" und "Vertuschung" spricht. Besondere Zuwendung erfahren Pleischl ("Justizpate") und Kronawetter ("Er hat sich den Ruf erworben, in politisch heiklen Fällen nicht zu ermitteln").

Kampusch: Ankläger unter Dauerbeschuss

Am Donnerstag, 8.30 Uhr, wird im Geheimen Unterausschuss unter der Leitung von ÖVP-Vizeklubobmann Werner Amon ein neues Kapitel rund um das rätselhafte Kriminalstück begonnen. Pilz: "Wir werden alle Akten bekommen. Es werden auch die Höchstrichter Rzeszut und Adamovich ihre Sicht darlegen dürfen."

Im Jänner 2010 war der Fall Kampusch mit dem toten Einzeltäter Priklopil eingestellt worden, trotz Hinweise auf zumindest einen Mittäter. Chefkriminalist Franz Kröll ermittelte noch bis knapp vor seinem Tod (Juni 2010) auf eigene Faust weiter (der KURIER berichtete). Kröll vermutete ein Pornonetzwerk hinter dem Entführungsfall Kampusch - in das auch mächtige Personen involviert gewesen wären. Letztlich soll ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss Aufklärung bringen. Pilz: "Der kommt sicher. Was wir aber verurteilen, ist die Art der FPÖ, intime Details in Zusammenhang mit Natascha Kampusch in die Öffentlichkeit zu tragen. Das ist Opfermissbrauch." Vielmehr solle es um das Verhalten der drei Staatsanwälte gehen. "Die sollen unter Wahrheitspflicht aussagen. Wir werden sie zur Verantwortung ziehen. Und der Fall muss neu aufgerollt werden."

Aber auch die Justizaffäre Golowatow wird wieder akut. Der Ex-KGB-Offizier und mutmaßliche Kriegsverbrecher war heuer auf Basis eines litauischen Haftbefehls in Österreich festgenommen und kurz darauf wieder freigelassen worden. Die Litauer vermuteten, Österreich habe sich dem Druck aus Moskau gebeugt. Pilz: "Wir haben Unterlagen aus Litauen bekommen, die belegen, dass die Litauer im Recht sind."

Pilz will prüfen, welche Rolle Oberstaatsanwalt Pleischl und Christian Pilnacek, Sektionschef im Justizministerium, bei der umgehenden Enthaftung Golowatows spielten. "Eines weiß ich jetzt schon: Es wurde eindeutig gelogen."

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