Schweres Zugsunglück bei Villach: Prozess gegen Lokführer gestartet

Schweres Zugsunglück bei Villach: Prozess gegen Lokführer gestartet
Mehrere Waggons waren nach Zusammenstoß in Flammen aufgegangen - 36-jähriger Deutscher bekannte sich teilweise schuldig - vertagt.

Nach einem schweren Zugsunglück mit Millionenschaden 2023 in Fürnitz hat sich am Dienstag ein 36-jähriger Lokführer aus Deutschland vor dem Bezirksgericht Villach verantworten müssen. Der Mann war mit seiner Garnitur gegen einen anderen Güterzug geprallt. 

Im weiteren Verlauf entgleiste der Zug, durchbrach eine Lärmschutzwand und blieb vor einem Wohnhaus liegen, außerdem brach durch ausgelaufenes Kerosin ein Großbrand aus. 

Bezirksanwältin Daniela Domenig legt dem Lokführer zur Last, am 20. Jänner 2023 trotz einer Störung seiner Lok nicht mit erhöhter Aufmerksamkeit unterwegs gewesen zu sein. Dadurch habe er ein Vorsignal missachtet, ein rechtzeitiges Anhalten vor einem roten Hauptsignal sei dann nicht mehr möglich gewesen. 

Der Güterzug rammte einen entgegenkommenden Zug mit Kesselwagen, beladen mit Kerosin, und beschädigte neben fünf Eisenbahnwaggons auch eine Lärmschutzwand sowie einen Strommast. In weiterer Folge kam es durch die etwa 80.000 Liter Kerosin, die ausgetreten waren, und durch den beschädigten Strommasten zu einer Feuersbrunst, die 16 Feuerwehren mit mehr als 200 Mann bekämpfen mussten.

Weiterhin Lokführer

Dem Deutschen, der weiterhin als Lokführer arbeitet, wurden in der Verhandlung unter Richterin Sabrina Pušnik unter anderem fahrlässige Körperverletzung sowie das Herbeiführen einer Feuersbrunst zur Last gelegt. Bei einer Verurteilung droht ihm bis zu ein Jahr Haft oder eine Geldstrafe in Höhe von bis zu 720 Tagessätzen.

15-17 Millionen Euro Schaden

Dem Verfahren schlossen sich auch mehrere Privatbeteiligte an. Die höchsten Forderungen stellen die ÖBB als Infrastrukturunternehmen, der Gesamtschaden dürfte sich auf 15 bis 17 Millionen Euro belaufen. Weiters fordert die Eigentümerfirma der beschädigten Waggons rund 615.000 Euro. Der Verteidiger des Angeklagten, Andrej Mlecka, erkannte die Forderungen nicht an.

Der Angeklagte selbst bekannte sich teilweise schuldig. "Ich trage im Laufe des Geschehens sicher eine Mitverantwortung", so der 36-Jährige. Er war mit einer Lok, die eine Störung an der Zugsicherung hatte, von Tarvis nach Villach unterwegs gewesen, wo diese Störung behoben werden hätte sollen. 

Die defekte PZB, die sogenannte punktförmige Zugbeeinflussung, überprüft im normalen Betrieb, ob sich der Lokführer an Signale hält und auch dementsprechend handelt. Sollte er etwa an einem Vorsignal vorbeifahren, das ein Halt zeigendes Hauptsignal ankündigt, wird überprüft, ob auch tatsächlich die Geschwindigkeit verringert wird. 

Passiert das nicht, so wird eine Zwangsbremsung eingeleitet. Trotz der Störung dieses Systems durfte der Deutsche mit 100 km/h, der höchstzulässigen Geschwindigkeit für seinen Güterzug, fahren.

Haltesignal überfahren

Der Lokführer erklärte, er habe das Vorsignal für den Bahnhof Fürnitz bereits aus einiger Entfernung sehen können und habe es "als grün wahrgenommen". Auch beim Vorbeifahren sei das Vorsignal seiner Wahrnehmung nach grün gewesen. Das Hauptsignal selbst jedoch war rot, ein entgegenkommender Zug war gerade dabei, von dem Gleis, auf dem der Deutsche ankam, auf ein anderes zu wechseln. Trotz einer Schnellbremsung war es nicht möglich, vor dem anderen Güterzug anzuhalten.

Auf die Nachfrage der Bezirksanwältin, warum er denn nicht bereits in Tarvis die Störung behoben hatte, indem er die beiden Lokomotiven des Zuges tauschte, erklärte der Lokführer, dass das an Kommunikationsschwierigkeiten liege. 

Die Fahrdienstleiter im italienischen Tarvis würden kein gutes Deutsch sprechen, weshalb er nicht versucht hätte, zu erklären, wie die Lokomotiven umgestellt werden sollten. Außerdem werde der Bahnhof Tarvis zum größten Teil im italienischen Stromsystem betrieben, womit die verwendeten Lokomotiven nicht arbeiten könnten.

Der Verteidiger des Deutschen erklärte, die Vorgehensweise mit solchen Störungen sei zum Unfallzeitpunkt nicht ideal gewesen. Heute dürfte ein Zug mit solch einer Störung statt 100 km/h etwa nur 50 km/h fahren. Zudem erklärte er, einen Kerosinzug mit einem Zug mit defekter PZB-Einrichtung zu kreuzen, halte er für "keine gute Idee". Das Signal, das übersehen worden sei, sei zudem bei über 100 Fahrten immer grün gewesen.

Die Verhandlung wurde zur Beantwortung weiterer Fragen in einem Gutachten vertagt.

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