Polizeieinsatz bei Antifa-Camp am Peršmanhof: "Das war ein Dammbruch"

Lukas Hammer und Olga Voglauer
Zusammenfassung
- Am Peršmanhof, einer Gedenkstätte für ein NS-Massaker, kam es am Wochenende zu einem großangelegten Polizeieinsatz gegen ein antifaschistisches Jugendcamp.
- Die Grünen kritisieren den Einsatz als demokratiepolitischen Skandal und fordern mit einer parlamentarischen Anfrage sowie einer Untersuchungskommission Aufklärung.
- Vizekanzler Babler und Staatssekretär Leichtfried kündigen eine vollständige und transparente Analyse des Polizeieinsatzes an, während die Polizei zahlreiche Verwaltungsübertretungen feststellte.
An die sechs Dutzend Männer stürmten den Peršmanhof und ermordeten elf Menschen, zwei Familien mit sieben Kindern - das jüngste gerade einmal acht Monate alt.
Die Täter - Mitglieder der SS-Polizeieinheit 13 - verübten am 25. April 1945 eines der letzten Kriegsverbrechen in Kärnten. Ihr Ziel, ein Hof in Kärnten, war bewusst gewählt, galt er doch als Stützpunkt von Partisanen.
Museum erinnert an den Widerstand
In den 1960er Jahren fand am Peršmanhof die erste Gedenkveranstaltung statt, seit Beginn der 1980er Jahre erinnert ein Museum an das NS-Massaker im Speziellen und den Widerstand der Kärntner Slowenen gegen das NS-Regime im Allgemeinen.
Und ausgerechnet dort eskalierte am Wochenende ein Polizeieinsatz, als Exekutive, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und der Verfassungsschutz an der Gedenkstätte begannen, ein antifaschistisches Jugendcamp zu durchsuchen - vier Stunden lang, Unterstützung mit Hubschraubern Polizeihundestreifen und Drohnen inklusive.
"Ein Dammbruch"
"Warum?", fragen die Grünen am Dienstag und erinnern daran, dass sich der Einsatz laut Landespolizeidirektion Kärnten eigentlich um angeblich wildes Campieren auf dem Hof gedreht habe. "Also möglicherweise falsch aufgestellte Zelte", merkt Nationalratsabgeordneter Lukas Hammer an, vergleichbar mit falschem Parken, einer Verwaltungsübertretung. "Und dann ist der Verfassungsschutz im Einsatz?"
Die Geschehnisse an der Gedenkstätte sind für die Grünen "ein demokratiepolitischer Skandal, ein gedenkpolitischer Dammbruch. Noch nie hat es in Österreich einen vergleichbaren Einsatz bei einer Gedenkstätte gegeben", betont Hammer.
"Bedroht gefühlt von der Polizei"
Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) hat für Mittwoch einen "runden Tisch" einberufen, davon halten die Grünen wenig: "Der Sitzkreis des Herrn Landeshauptmann ist zu wenig", merkt Abgeordnete Olga Voglauer an: Die betroffenen Jugendlichen seien traumatisiert und hätten sich von der "Polizei bedroht gefühlt, nicht beschützt".
Die Grünen kündigen eine parlamentarische Anfrage an Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sowie den SPÖ-Staatssekretär im Innenministerium, Jörg Leichtfried, an: Mit 55 Fragen wollen sie klären, wer den Einsatz angeordnet habe, wer wann informiert war oder welche rechtliche Basis eigentlich dahinter stand?
Zudem regen die die Grünen eine Untersuchungskommission an, um unter anderem zu hinterfragen, welche Rolle der Bezirkshauptmann von Völkermarkt gespielt habe. Aus der Verwaltungsbehörde gab es bisher keine Reaktion.
Wie Polizei und Politik reagieren
Vizekanzler Andreas Babler und Staatssekretär Jörg Leichtfried (beide SPÖ) teilten am Dienstag mit, dass "eine vollständige und transparente Aufklärung des Polizeieinsatzes" angeordnet worden sei: Geplant sei eine "multiprofessionelle Analyse der gesamten polizeilichen Maßnahmen am Peršmanhof", hieß es.
Einbezogen würden die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), die Bundespolizeidirektion, das Mauthausen Memorial, und das Amt der Kärntner Landesregierung sein. Man werde auch an die Volksgruppenvertretung der Slowenen in Österreich herantreten, kündigten die Politiker an.
"Teile den Schock der Betroffenen"
"Ich teile den Schock der Betroffenen und anderer Gedenkorganisationen über den heftigen Polizeieinsatz, der auch das Museum vor Ort betroffen hat", ließ Vizekanzler Babler wissen.
Seitens der Landespolizeidirektion Kärnten hieß es, dass an der Örtlichkeit rund 60 Verwaltungsübertretungen festgestellt worden seien, zudem seien 30 Identitätsfeststellungen vorgenommen worden. Zwei Personen seien wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt angezeigt worden.
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