Gynäkologin unter Betrugsverdacht

In der Ordination einer WienerGynäkologin kam es bei der Krebsvorsorge zu massiven Unregelmäßigkeiten
Krebs-Abstriche ohne Befund der Kasse verrechnet. Hunderte Frauen sollen jetzt Arzt aufzusuchen

Der Fall sorgt sogar bei den hartgesottenen Betrugsbekämpfern der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) für Fassungslosigkeit: Eine Wiener Gynäkologin hat in den vergangenen drei Jahren Krebs-Vorsorgeuntersuchungen (PAP-Abstriche) für insgesamt 826 Frauen bei der Kasse in Rechnung gestellt, ohne dass eine nötige Befundung der Abstriche durch einen Pathologen nachweisbar ist. Mit anderen Worten: Hier dürften nicht erbrachte medizinische Leistungen in betrügerischer Absicht verrechnet worden sein.

Und das nicht nur zulasten der WGKK sondern vor allem auch der betroffenen Frauen. Denn manchen von ihnen wurde mitgeteilt, dass sich die Ordination bei ihnen meldet, sollte mit dem Befund etwas nicht in Ordnung sein. Nur: Einen tatsächlichen Befund hat es offenbar in keinem der Fälle gegeben. „Somit ist nicht auszuschließen, dass sich manche der Patientinnen hinsichtlich ihres Risikos für eine Krebserkrankung in falscher Sicherheit wiegen“, sagt Franz Schenkermayr, der in der WGKK die Stabsstelle für Betrugsbekämpfung leitet.

Keine Qualifikation

Die Gynäkologin wurde bereits von der WGKK vorgeladen, um diese Unregelmäßigkeiten aufzuklären. Doch das gelang ihr nicht: „Zunächst hat die Ärztin uns gegenüber noch behauptet, sie hätte die Befunde selbst gemacht. Doch dafür hat sie gar keine Qualifikation. Auf Nachfrage konnte sie nicht einmal erklären, wie sie die Befundung durchgeführt hat“, erzählt Schenkermayr, der sich an keinen derartigen Fall in letzter Zeit erinnern kann.

Im Sinne der Sicherheit der Frauen reagiert jetzt die WGKK: Die 826 Patientinnen erhalten dieser Tage einen eingeschriebenen Brief. Darin wird ihnen empfohlen, möglichst bald einen Frauenarzt aufzusuchen und sicherheitshalber eine PAP-Untersuchung durchführen zu lassen. Grund für Panik bestehe aber nicht, beruhigt WGKK-Ärztin Andrea McMiller: „Zum Glück ist Gebärmutterhals-Krebs eine Erkrankung, die sich nur sehr langsam entwickelt.“

Rechtliche Schritte

Was nicht heißt, dass die die WGKK nicht mit aller Schärfe gegen die Ärztin vorgeht: Der Vertrag mit der Gynäkologin wird aufgelöst und ein sofortiger Zahlungsstopp verfügt.

Bereits vergangene Woche erstattete die WGKK Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft, in der es unter anderem um schweren gewerbsmäßigen Betrug geht. Wegen Gefahr in Verzug wurde auch die zuständige MA 40 kontaktiert sowie die Ärztekammer informiert.

Neben der möglichen Gesundheitsgefährdung der Patientinnen bleibt auch ein beträchtlicher finanzieller Schaden für die WGKK. Er dürfte sich insgesamt auf bis zu 120.000 Euro belaufen. Denn neben den nicht untersuchten PAP-Abstrichen haben die Prüfer auch bei anderen verrechneten Untersuchungen Unregelmäßigkeiten festgestellt.

Diese traten auch im Rahmen der Tätigkeit der Ärztin als Arbeitsmedizinerin in NÖ und dem Burgenland auf. So wurden zum Beispiel Blutabnahmen fälschlicherweise als Vorsorgeuntersuchungen abgerechnet.

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