Seine ältere Tochter und Thronfolgerin Elizabeth hält sich zu diesem Zeitpunkt mit ihrem Mann Prinz Philip im Zuge einer Afrika-Reise in Kenia auf. Der Zustand ihres Vaters, den sie auf dieser Reise vertritt, war schon seit einiger Zeit so besorgniserregend, dass Elizabeths Privatsekretär stets den Entwurf einer Thronbesteigungserklärung bei sich trug – für den Fall, dass der König sterben sollte.
Elizabeth wird durch den Tod Georges VI automatisch Königin. Sie und ihr Prinzgemahl brechen die Afrika-Reise unverzüglich ab, kehren zurück nach London und beziehen ihr neues Appartement im Buckingham Palace.
Der Tod König Georges VI am 6. Februar 1952 ist der Anlass, dass Elizabeth II demnächst ihr 70-jähriges – das sogenannte Platin-Jubiläum – begeht, womit sie das längstdienende lebende Staatsoberhaupt der Welt ist. Frühere „Rekordhalter“ auf den Thronen waren Elizabeths Ururgroßmutter Victoria, die es auf 64 Jahre, Kaiser Franz Joseph, der es auf 68, König Bhumibol von Thailand, der es auf 70 und Frankreichs Ludwig XIV., der es sogar auf 72 Jahre gebracht hatte. Doch sind diese Regentschaften nicht mit der der Queen vergleichbar: Ludwig XIV. wurde mit vier Jahren König, aber bis in sein 23. Lebensjahr von seiner Mutter vertreten. Und König Bhumibol war aus gesundheitlichen Gründen seit Langem schon nicht mehr regierungsfähig.
Elizabeth ist, als sie 1952 Königin wird, 25 Jahre alt und seit vier Jahren mit Prinz Philip verheiratet. Ihr Sohn Charles ist drei und ihre Tochter Anne eineinhalb Jahre alt. Die Söhne Andrew und Edward kamen erst zur Welt, als sie bereits Königin war.
Anders als Ludwig XIV., Victoria oder Kaiser Franz Joseph verfügt Elizabeth über keine reale politische Macht – allerdings gelang es ihr mehrmals, die Krone zu retten. Und zwar immer dann, wenn nach familiären Skandalen der Ruf nach Abschaffung der Monarchie laut wurde. In diesen Fällen wurde Elizabeth durch ihre natürliche Autorität ihrer Rolle als einigendes Bindeglied gerecht.
Nur einmal, als 1997 nach dem Unfalltod der Prinzessin Diana das ganze Land trauerte, sie aber tagelang keinerlei Empathie zeigte, war Elizabeth nahe dran, diese Autorität zu verlieren. Aktuell sind die Trennung ihres Enkels Harry und seiner Frau Meghan von den Royals, vor allem aber die Missbrauchsvorwürfe gegen Sohn Andrew große Belastungen für die 95-jährige Königin.
Doch trotz all der Skandale und obwohl das Budget des oft anachronistisch anmutenden Königshauses jährlich 90 Millionen Euro an Steuergeldern verschlingt, geben in Umfragen zwischen 60 und 75 Prozent der Briten an, dass die Beibehaltung der konstitutionellen Monarchie einer Republik vorzuziehen sei. Ob diese hohe Zustimmung unter den Nachfolgern der Königin so bleiben wird, ist offen.
Die offiziellen Krönungsfeierlichkeiten der Queen fanden, um das Trauerjahr abzuwarten, erst eineinhalb Jahre nach dem Tod ihres Vaters, am 2. Juni 1953 in der Westminster Abbey statt. Es war das erste Mal, dass eine solche Zeremonie im TV übertragen wurde, wobei 300 Millionen Menschen in aller Welt zusahen.
Königin Elizabeth absolvierte im Lauf ihrer Regentschaft mehr als 100 Staatsbesuche sowie 180 Reisen in die Länder des Commonwealth, dem Staatenbund ehemals britischer Kolonien. Fest steht, dass sie das am weitesten gereiste Staatsoberhaupt aller Zeiten ist.
Auf ihren Staatsbesuchen legte sie wert darauf, nicht nur den Repräsentanten der jeweiligen Länder, sondern auch den „einfachen Leuten“ zu begegnen. So besuchte sie im Rahmen ihres sechstägigen Österreich-Aufenthalts im Mai 1969 die Mitglieder der Familie Chlumetzky in ihrer Gemeindebauwohnung in Wien-Kaisermühlen, und trank mit ihnen eine Tasse Tee. Nachdem die damals 43-jährige Queen das Wohn-, das Schlaf-, das Badezimmer und die Küche besichtigt hatte, sagte sie: „Eine schöne Wohnung haben Sie!“
Elizabeth ist Oberhaupt des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland, der anglikanischen Kirche, der Familie Windsor und des Commonwealth of Nations. Neben der Entkolonialisierung des Britischen Weltreichs musste sie in ihrer Amtszeit den Nordirlandkonflikt, den Falklandkrieg und den Brexit erdulden. Den größten privaten Schmerz bereitete ihr zweifellos der Tod ihres Mannes Prinz Philip vorigen April im Alter von 99 Jahren.
Königin Elizabeth erlebte während ihrer bisher 70-jährigen Regierungszeit 14 US-Präsidenten, 12 deutsche Bundespräsidenten, 10 französische Staatspräsidenten und 8 österreichische Bundespräsidenten. Für viele Briten ist ein anderes Staatsoberhaupt als die Queen nicht vorstellbar. Ihr Bild hing schon in den Schulen und Amtsräumen, als sie geboren wurden und es hing immer noch da, als sie starben.
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