Als das Frauenhuber im Oktober 1824 eröffnet wurde, gab es in Wiens Innerer Stadt 25 Kaffeehäuser, doch nur das Frauenhuber hat all die Kriege, Krisen und Katastrophen der vergangenen zwei Jahrhunderte überstanden und blieb durchgehend geöffnet. Dabei zählt es nicht zu jenen Cafés, die wie das Sacher oder das Landtmann regelmäßig durch prominente Gäste in die Schlagzeilen geraten, sondern eher zu denen, auf die das Wort des legendären Kaffeehausliteraten Alfred Polgar passt: „Im Kaffeehaus sitzen Leute, die allein sein wollen, aber dazu Gesellschaft brauchen.“
Dennoch wurden im Café Frauenhuber Größen wie Curd Jürgens gesichtet, der gleich ums Eck am Franziskanerplatz wohnte, weiters Udo Jürgens und Christiane Hörbiger, und einmal schaute sogar Hollywoodstar Nicolas Cage, als er gerade in Wien weilte, vorbei.
Schanigarten
Die meisten jedoch, die hier typischerweise ein Schnitzel, die Hausspezialität Apfel-Mohn-Nuss-Schnitte oder eine Melange konsumieren, sind Stammgäste, oft Beamte des benachbarten Finanzministeriums. Und natürlich kommen auch Touristen, die es zu schätzen wissen, dass die Inneneinrichtung des Kaffeehauses seit seiner Gründung vor 200 Jahren zwar mehrmals erneuert wurde, die Gestaltung vor allem der in rotem Samt gehaltenen Logen aber unverändert blieb. Und seit 2012 gibt’s einen Schanigarten.
Dort, wo heute das Café Frauenhuber situiert ist, befand sich davor das Restaurant des Ignaz Jahn, seines Zeichens kaiserlicher Leibkoch Maria Theresias. Er muss in dieser Stellung im Schloss Schönbrunn und im Augarten sehr gut verdient haben, konnte Herr Jahn doch im Jahr 1788 das vierstöckige Barockhaus direkt neben dem Winterpalais des Prinzen Eugen erwerben, in dem das Frauenhuber heute noch untergebracht ist.
Salon im ersten Stock
Die Geschichte freilich geht noch viel weiter zurück, bis ins Jahr 1314, als sich an der Stelle des jetzigen Kaffeehauses eine Badestube befand, in der vorwiegend geistliche Herren der Gesundheits- und Körperpflege huldigten. Um 1720 wurde das Haus, wie es heute dasteht, im Stil des Architekten Johann Lucas von Hildebrandt errichtet, wobei sich das Restaurant des ehemals kaiserlichen Leibkochs Ignaz Jahn über zwei Etagen erstreckte. Im ersten Stock befand sich ein Salon, in dem wahrlich Musikgeschichte geschrieben wurde.
Mozart und Beethoven
Denn hier gab am 4. März 1791 Wolfgang Amadeus Mozart eines seiner letzten öffentlichen Konzerte, ehe er am 5. Dezember desselben Jahres starb. Und Ludwig van Beethoven veranstaltete am 29. März 1798 in eben diesem Lokal eine „Akademie“, bei der er sein Quintett in Es-Dur op. 16 vortrug. Es war das Jahr, in dem sich bei Beethoven die ersten Symptome jenes Gehörleidens einstellten, das rund 15 Jahre später zur völligen Taubheit führte.
Als der Küchenchef Jahn im Jahr 1810 starb, verkaufte sein Sohn das als „Traiteurie“ (Feinkostladen in gehobener Umgebung) geführte Restaurant an den Cafétier Alois Hänisch, der hier am 28. Oktober 1824 jenes Kaffeehaus eröffnete, an dessen Logentischen laut Überlieferung „immer ein pfiffiger Diskurs“ herrschte. Das Café wurde also zum Treffpunkt und zweiten Wohnzimmer vieler Wiener.
Doch es hieß noch lange nicht Frauenhuber. Das Etablissement in bester Wiener Lage wechselte mehrmals die Besitzer und mit ihnen den Namen, ehe es endlich 1891 in das Eigentum des bürgerlichen Kaffeesieders Josef Frauenhuber überging. Und es behielt seinen Namen, als es 1968 von Raimund Binder gekauft wurde, dessen Sohn Wolfgang es heute führt. „Mein Vater hat als Kellner im Café Europe gelernt, gerne im Frauenhuber Billard und Karten gespielt und sich damals gesagt: ,Dieses Kaffeehaus werde ich einmal besitzen.’“
Die oberen Stockwerke
So war’s dann auch. Das Haus Himmelpfortgasse 6 gehört heute der Republik Österreich, die in den oberen Stockwerken Büros ihres Finanzministeriums untergebracht hat. Und dieses darf sich über sprudelnde Steuereinnahmen durch klassische Wiener Kaffeehäuser freuen. „Denn Totgesagte“, meint der Cafétier Wolfgang Binder, „leben bekanntlich länger.“
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