"Fühlen uns gepflanzt": Mistplatz anstelle von 300 Wohnungen

Anrainer Rippl und Riesing sind verärgert
Jahrelang hatten Bürger am Leitbild mitgearbeitet. Nun kommt es anders als geplant.

Peter Rippl, Obmann der Initiative Lebenswerter Nordbahnhof, fühlt sich gepflanzt. Vor sechs Jahren arbeiteten er und andere Bürger an der Erstellung des Nordbahnhof-Leitbilds mit. In Arbeitsgruppen und Workshops wurde intensiv an einer möglichst lebenswerten Gestaltung gefeilt – bis man zu einem Ergebnis kam, mit dem sich alle wohlfühlten. Noch im Frühjahr seien die entsprechenden Pläne bei einer ÖBB-Veranstaltung präsentiert worden.

Doch nun hat die Stadt den Flächenwidmungsplan für einen weiteren Teilbereich (jenen entlang der Innstraße) eingereicht – und der sieht ganz anders aus, als jahrelang kommuniziert wurde.

"Fühlen uns gepflanzt": Mistplatz anstelle von 300 Wohnungen
Nordbahnhofareal
Denn jetzt taucht in den Plänen mit einem Mal ein 6500 Quadratmeter großer Mistplatz auf. Durch diesen verlagert sich das geplante Umspannwerk (das ebenfalls größer ist als davor) in Richtung Grünraum und Wohngebiet. Aus 3500 Quadratmetern Infrastrukturgebiet sind 13.000 geworden.

Zum einen fallen dadurch rund 300 Wohnungen weg. "Das Areal soll zwar nachverdichtet werden", sagt Rippl. "Aber was heißt das? Es wird im Endeffekt weniger Freifläche, also weniger Lebensqualität geben." Zum anderen würde eine neun Meter hohe Mauer direkt an den Grünraum reichen und kleiner werde dieser auch. "Das ist ein Witz", findet Anrainer Martin Riesing. "Da vergeht einem als Bürger doch die Lust am Engagieren, wenn die Stadt im Endeffekt eh baut, wie sie möchte."

Auch die Leopoldstädter Bezirksvorsteherin Uschi Lichtenegger (Grüne) hält nichts von einem Mistplatz an diesem Ort: "Wohnungen an Parks gehören zu den wertvollsten Flächen. Hier Wohnraum zugunsten eines Mistplatzes zu beschneiden, finde ich falsch." Der Bezirk habe eine entsprechende Stellungnahme an die zuständige MA 21 (Stadtteilplanung und Flächennutzung) geschickt.

Noch nicht entschieden

Aus dem Büro von Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) heißt es auf die Frage, weshalb es kurzfristig noch zu Änderungen gekommen ist, dass die MA 48 erst im Zuge des Widmungsverfahrens Interesse bekundet habe. Die Widmung sei aber noch nicht finalisiert.

Die MA 48 lässt in einer Stellungnahme wissen, dass eine wachsende Stadt nun einmal auch Entsorgungsmöglichkeiten für den Mist brauche. Der bestehende Mistplatz in der nahe gelegenen Dresdnerstraße könnte weder vergrößert noch modernisiert werden und verfüge zudem über eine unzufriedenstellende Zufahrt. Eine Verlagerung erschien daher sinnvoll. Deshalb habe man Bedarf angemeldet.

Noch sind die engagierten Anrainer jedoch guter Dinge, dass die Stadt es sich noch einmal anders überlegen könnte. Am Donnerstag werden sie jedenfalls wieder mit Vertretern der Stadt sowie mit Experten über die Causa diskutieren. Im "Stadtraum" in der Nordbahn-Halle findet eine Info-Veranstaltung über die Zukunft des Nordbahnhofsareals statt. Am Podium neben Rippl selbst: Stadtbaudirektorin Brigitte Jilka oder auch der grüne Gemeinderat Christoph Chorherr.

Was, wenn der Mistplatz doch kommt? "Daran denken wir noch nicht", sagt Rippl. "Wir verwenden all unsere Energie dazu, das zu verhindern."

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