Zwei Beauftragte und ein Auftrag
Seit 1. Juli hat das Burgenland erstmals eine Integrationsbeauftragte. Sanya Neinawaie soll ein Integrationsleitbild entwickeln und die Gemeinden bei der Eingliederung von Flüchtlingen unterstützen, hat ihr Soziallandesrat Norbert Darabos (SPÖ) mit auf den Weg gegeben. Seither ist es ruhig um die 30-jährige gebürtige Österreicherin geworden, deren Eltern aus dem Iran stammen. "Ich weiß nicht, was sie tut", ätzt Eisenstadts Bürgermeister und ÖVP-Landeschef Thomas Steiner. Nachsatz: "Wir haben in der Stadt auch einen Integrationsbeauftragten, der wirklich was tut". Neinawaie leiste "hervorragende Arbeit", kontert Darabos. Ihre Aufgabe sei nicht öffentlichkeitswirksam zu handeln, sondern Maßnahmen zur Integration zu setzen und zu koordinieren.
Der KURIER hat nachgefragt – über Arbeitsmangel können weder Neinawaie noch ihr Eisenstädter Kollege Istvan Deli, der die Aufgabe als Teil seines politischen Mandats als Gemeinderat erledigt, klagen. Beide waren in den vergangenen Monaten mit der Bewältigung alltäglicher Herausforderungen beschäftigt. Die Mühen der Ebene lassen kaum Zeit und Energie für hochtrabende Gedanken über die Integration. Deli resümiert abgeklärt: "Das ist kein Gewinnerthema".
Kleine Schritte
Neinawaie hat einen Gutteil ihrer Zeit neben der Organisation von Deutschstunden in Werte- und Orientierungskurse gesteckt, die vom Österreichischen Integrationsfonds gestaltet werden. In acht Stunden wird etwa vermittelt, dass in Österreich Kirche und Staat getrennt sind oder bei uns auch Frauen Firmenchefs sein können. Weil mindestens acht Personen im Kurs sitzen müssen und die Gruppe sprachlich homogen sein soll, ist die Organisation ein "bisschen langwierig", sagt Neinawaie. Die Teilnehmer müssen aus mehreren Gemeinden "zusammengeklaubt" werden. Trotzdem wurden bis Oktober schon 400 Teilnehmer belehrt.
Die Vermittlung von Sprache und hiesigen Gepflogenheiten hat auch Istvan Deli auf Trab gehalten, der 28-jährige FH-Absolvent ist 1991 selbst als Flüchtling mit seinen Eltern aus Bosnien nach Österreich gekommen. Eisenstadt habe für 170 Asylwerber Kurse um 40.000 Euro "aus eigener Tasche finanziert", weil es wichtig sei, dass die Menschen "ab Tag eins deutsch lernen", betont Deli. Um das Zusammenleben möglichst konfliktfrei zu gestalten, mussten die Flüchtlinge auch in Feinheiten der Straßenverkehrsordnung eingeweiht werden, denn in ihren Herkunftsregionen gebe es "oft keine Straßen". Schwierig war anfangs auch die Quartiersuche. Heute beherbergt Eisenstadt rund 300 Flüchtlinge, mehr als jede andere Gemeinde im Land. Das Caritas-Franziskusheim ist mit derzeit 125 Bewohnern landesweit das größte Einzelquartier, daneben gibt es in der Stadt noch 30 Privatunterkünfte. Insgesamt sind in mehr als 100 Gemeinden 2543 Personen in 372 Quartieren in der Grundversorgung. Und Neinawaie wie Deli kämpfen mit knappen Ressourcen. Die Integrationsbeauftragte des Landes wartet immer noch auf die versprochenen zwei Mitarbeiter und Deli möchte vom Land eine teilweise Refundierung der 40.000 Euro für die Sprachkurse. Vielleicht haben beide mehr gemein, als ihre politischen Chefs glauben, und sie wissen es nur nicht – weil Neinawaie und Deli einander noch nicht getroffen haben.
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