Wie ein junger Pfarrer mit Themengottesdiensten die Kirche füllt

Themengottesdienst in Zurndorf
200 Gläubige wollten am Sonntag beim Gottesdienst mit Sebastian Götzendorfer dabei sein. Wie der Geistliche das schafft.

Das Tor öffnet sich. Ein Mann in schottischer Tracht tritt ein und bläst voller Inbrunst in den Dudelsack. Dahinter gibt eine Frau mit Trommel den Takt vor, während ein junger Mann in Kilt mit seinem Zweihandschwert in Richtung Altar schreitet.

Nein, wir befinden uns weder im Film „Braveheart“ noch auf einem Volksfest in den schottischen Highlands. Wir sind in Zurndorf. Genauer gesagt in der evangelischen Kirche Zurndorf.

Der 30-jährige Pfarrer Sebastian Götzendorfer hat am Sonntag zu einem seiner beliebten Themengottesdienste geladen. Rund 200 Gläubige wollten sich das religiöse „Happening“ nicht entgehen lassen.

Nach mehreren Messen mit popkulturellem Bezug (Piraten, „Matrix“, „Star Wars“) war es dieses Mal ein Schottland-Gottesdienst, der unter folgendem Motto stand: „In Freiheit verbunden“.

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Schottland-Gottesdienst in Zurndorf

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Schottland-Gottesdienst in Zurndorf

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Schottland-Gottesdienst in Zurndorf

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Schottland-Gottesdienst in Zurndorf

Unterstützung bekam Pfarrer Götzendorfer von den Konfirmandinnen und Konfirmanden des Gemeindeverbandes Nordburgenland. Sie schmückten die Kirche in Tartanmustern und führten zum Abschluss einen schottischen Volkstanz auf. Bei der anschließenden Agape wurde Whisky und Shortbread serviert.

Zwischen Popkultur und Bibel

Wie das alles mit kirchlicher Liturgie zusammenpasst? Götzendorfer spannt gekonnt große Bögen zwischen Pop und Bibel. In der Predigt vom Sonntag ging der Geistliche auf die Freiheit im christlichen Sinne ein und nahm Anleihen beim dänischen Theologen Sören Kierkegaard – der sagte, dass Freiheit nicht Beliebigkeit meint, sondern ein Leben, das von Liebe und innerer Freiheit geprägt ist.

Weitere schottische Akzente wurden mit der eingangs erwähnten Dudelsack-Musik und mit der Nachstellung einer traditionellen Handfeste gesetzt: Dabei handelt es sich um eine historische Hochzeitszeremonie, bei der die Hände eines Paares mit einem Tuch umschlungen werden.

Taylor Swift und Harry Potter in der Kirche

Themengottesdienste zu verschiedenen populären Themen, beispielsweise zu Songtexten von Taylor Swift, sorgen seit 2024 in Deutschland für volle Kirchen. Und auch die evangelische Erlöserkirche Liebenau in Graz hat es mit ihren „Harry Potter“-Messen in die Medienberichterstattung geschafft.

Sebastian Götzendorfer hat das Konzept im vergangenen Jahr erfolgreich auf das Burgenland umgelegt. Zehn Themengottesdienste hat er seit seinem Einstand als Pfarrer im Nordburgenland im November 2024 schon gehalten – stets vor vollem Haus.

Die traditionellen Gottesdienste werde er deshalb aber nicht abschaffen, ist dem 30-Jährigen wichtig zu betonen: „Es braucht die Menschen, die das Altvertraute im Gottesdienst schätzen – und die, die gerne bei den neuen, modernen Themengottesdiensten mitfeiern. Es ist wichtig, die Gemeinde vor Ort lebendig zu halten.“

Auch am vergangenen Sonntag hat es am Vormittag eine „reguläre“ Messe gegeben. Der Schottland-Gottesdienst ging um 17 Uhr über die Bühne. „Rechnet man die Besucherinnen und Besucher des Vormittags dazu, kamen an diesem ganz normalen November-Sonntag rund 300 Menschen in die Kirche, um Gottesdienst zu feiern“, berichtet der Pfarrer stolz.

Für eine Kirchengemeinschaft mit weniger als 2.000 Mitgliedern – dem Gemeindeverband Nordburgenland gehören die evangelischen Pfarrgemeinden Zurndorf, Nickelsdorf und Deutsch Jahrndorf an – kann sich die Zahl der aktiven Kirchgänger tatsächlich sehen lassen.

Ein Vorzeigemodell?

Mit jeweils 100 bis 200 Teilnehmenden haben die Themenmessen laut Götzendorfer dazu beigetragen, dass die Kirchenbesuche im Gemeindeverband inzwischen wieder über dem Vor-Corona-Niveau liegen. Ist die Trendumkehr geschafft, in Zeiten von steigenden Kirchenaustrittszahlen?

Das vielleicht noch nicht, aber zumindest Sebastian Götzendorfer scheint überzeugt, dass das, was in Zurndorf gelungen ist, auch anderswo umgesetzt werden kann: „Im Burgenland ist vieles möglich, oft sind wir eine Insel der Seligen – deshalb gilt es jetzt schon Maßnahmen zu treffen, damit unsere Gemeinden auch weiterhin lebendig bleiben.“

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