Warum wir der Reblaus die besten "Ananas" Österreichs verdanken

Viele frische rote Erdbeeren in Holzkörben nach der Ernte
Nachdem die Reblaus im späten 19. Jahrhundert den burgenländischen Weinbau zerstört hatte, begannen Bauern in Wiesen mit dem Anbau von Erdbeeren – und legten den Grundstein für eine Erfolgsgeschichte.

Es ist eine alte Bauernweisheit, dass in jeder Krise auch eine Chance steckt. In Wiesen ist diese Chance rot, rund und süß – und heißt bis heute: Ananaserdbeere

Aber die Geschichte der berühmtesten Erdbeere Österreichs beginnt mit einem Schädling, der einst massiven Schaden in der Landwirtschaft anrichtete.

Als in den 1870er-Jahren die Reblaus erstmals im heutigen Burgenland auftauchte, verwüstete sie weite Teile der Weingärten. Besonders hart traf es die Region um Wiesen im Bezirk Mattersburg. Der Weinbau, für viele Familien Lebensgrundlage, stand vor dem Aus. In dieser Notlage suchten einige Bauern nach Alternativen – und fanden sie in der Erdbeere.

Deshalb heißt es "Ananas"

Die Wahl fiel auf die sogenannte Fragaria ananassa, eine Kulturerdbeere mit kräftigem Aroma, die ihren Namen dem lateinischen Namen verdankt. In Wiesen entwickelte sich daraus mit der Zeit ein Produkt, das zum regionalen Markenzeichen werden sollte: die Wiesener Ananas.

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Erbeerbauer aus Wiesen und Vize-Bürgermeister Christoph Ramhofer, Wiesens Bürgermeister Matthias Weghofer, LK-Präsident Nikolaus Berlakovich und Erdbeerbauer und  Obstbaupräsident-Stv. Michael Habeler auf einem Erdbeerfeld in Wiesen zum Beginn der Erdbeerernte.
 

Die kräftig roten, saftigen Früchte mit ihrem charakteristischen feinsüßen Geschmack sind ein Aushängeschild der Region – und laut Marktmeinung "Österreichs beste Erdbeeren".

Bereits 1912 wurde in Wiesen eine eigene Erdbeer-Versuchsanstalt eingerichtet. Spätestens in den 1920er-Jahren war die Erdbeere ein fixer Bestandteil des bäuerlichen Einkommens. Auf den Wiener Märkten galten die Früchte aus Wiesen als besonders begehrt.

Einige Wiesener sprechen von ihren Beeren auch als "Bumabia". Der Ausdruck geht angeblich auf einen auffälligen Stein im Ort zurück, dessen Form einer Erdbeere ähnelt. Der Spitzname steht für eine enge Verbindung von Produkt und Region.

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Purbacher Cremeschnitte mit Ananas.

Die Erdbeere war nicht nur wirtschaftliche Rettung, sondern auch Symbol für bäuerliche Innovationskraft. Damit steht sie in einer Reihe mit aktuellen Experimenten wie dem Seewinkler Reis, den Donnerskirchner Wassermelonen oder burgenländischem Wasabi. Der ländliche Raum erfindet sich immer wieder neu – oft aus der Not heraus.

Wenn heute rund um den Neusiedler See Kichererbsen wachsen, dann ist das nicht anders als damals in Wiesen: Klimawandel, Marktdruck und Veränderung erzwingen neue Wege. Die Wiesener Ananaserdbeere erinnert daran, dass daraus manchmal etwas besonders Gutes entstehen kann – einfach so, ganz ohne Rezept.

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