Pioniere, Partys, Publikum: Das Burgenland als Wiege der Festivalkultur

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Wie das Burgenland dank des Engagements Einzelner zur Wiege ostösterreichischer Festivalkultur wurde.

Von Sophie Mantler

Das Burgenland gilt seit Jahren dank Nova Rock als "Festival-Hochburg" Österreichs. Hunderttausende Besucher kommen auf die Pannonia Fields, in den Schlosspark Eisenstadt, nach Wiesen oder Bildein. Wer gern auf Festivals geht, kommt also am Burgenland nicht vorbei.

Und das schon seit Jahren – genauer gesagt seit rund fünf Jahrzehnten. Zunächst eröffnete Franz Bogner 1972 das legendäre Jazz Pub in Wiesen, 1976 folgte das erste Jazz Fest am Tennisplatz.

So unterschiedlich all die danach kommenden Formate auch sein mögen - eine Sache haben alle burgenländischen Festivals gemein.

Braucht es heute ein riesiges Team und professionelle Strukturen für die Organisation eines Festivals, reichte damals die Leidenschaft und das Engagement einzelner aus, um vielen eine Freude zu machen. So wie auch beim ersten Open-Air-Festival im südburgenländischen Kohfidisch (Bezirk Oberwart) im Jahr 1977, organisiert von Josef Bradl und Ewald Ebner.

Wie alles begann

Was diese früheren – und auch die heutigen – Pioniere der burgenländischen und damit der österreichischen Festivalkultur verbindet, ist der Wunsch, möglichst viele Menschen mit Livemusik glücklich zu machen.

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Strahlende Gesichter gab es damals in den Anfängen in Wiesen ebenso wie am Nova Rock heute.

Diese Leidenschaft war es, die Franz Bogner im Jahr 1972 als erste 17-Jähriger dazu brachte, die Mosthausschenke seiner Eltern in eine der ersten Diskotheken Österreichs zu verwandeln – das Jazz Pub war geboren. Plötzlich gab es Livemusik zu hören, nur vier Jahre später kamen bereits rund 1.000 Besucherinnen und Besucher zum ersten Jazz Fest, damals noch am Tennisplatz.

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Die Festivals in Wiesen prägten das Freiheitsgefühl ganzer Generationen.

In den folgenden Jahren wurde die Erdbeergemeinde immer mehr zum österreichischen Festival-Mekka. Rockfans pilgerten zum Forestglade, Reggae-Freunde zum Sunsplash. In mehreren Ausbauschritten mauserte sich das Gelände zu einer der schönsten Festivallocations Europas mit Platz für bis zu 8.000 Menschen. 

Legendär war Wiesen auch deshalb, weil rund um das Gelände vermutlich bis zu doppelt so viele Menschen am Campingplatz waren – wilde Partys mit Lagerfeuer inklusive.

Oberliga: Nova Rock

Heute ist das natürlich nicht mehr möglich. Weder am Gelände in Wiesen, das nach wie vor über eine der besten Festival-Infrastrukturen Österreichs verfügt, noch in Nickelsdorf, wo auf den Pannonia Fields für das Nova Rock Jahr für Jahr quasi eine ganze Stadt aus dem Boden gestampft wird.

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225.000 Menschen kamen 2017 an vier Tagen nach Nickelsdorf - Rekord.

Verantwortlich dafür ist mit Ewald Tatar einer, der sein Handwerk in Wiesen gelernt hat. Der Geschäftsführer von Barracuda Music hat sich 2004 selbstständig gemacht; 2005 ging das erste Nova Rock über die Bühne.

20 Jahre später veranstaltet der Forchtensteiner heuer allein im Burgenland fünf Festivals, die von bis zu 250.000 Menschen besucht werden. Eine Zahl, die auch der Nähe zu Wien, Bratislava und Sopron zu verdanken ist. Und jenen engagierten Einzelkämpfern wie Franz Bogner, die mit ihren Veranstaltungen die Wiege der Festivalkultur begründet haben.

„Es wird nie das perfekte Festival geben“

Der Forchtensteiner Ewald Tatar erblickte drei Jahre vor Woodstock (1969) das Licht der Welt. Musikalisch sozialisiert wurde er dann in den 1980er-Jahren auf den musikalischen "Festival-Feldern" der Erdbeergemeinde Wiesen im Bezirk Mattersburg.

NOVA ROCK 2022: EWALD TATAR

Ewald Tatar machte die Liebe zur Livemusik zu seinem Beruf.

Dort, in der Wiege der burgenländischen Festivalkultur, hat er als Mitarbeiter angefangen, heute ist Tatar mit dem Mattersburger Veranstaltungsunternehmen Barracuda Music zu einem der größten Veranstalter in Österreich aufgestiegen: Vom Nova Rock auf den Pannonia Fields (11. bis 14. Juni) über Mega-Konzerte in Österreich (Iron Maiden am 17. Juli im Ernst Happel Stadion) bis hin zum Picture On in Bildein (8./9. August) – überall hat Tatar seine Finger mit im Spiel – im Südburgenland beispielsweise als DJ nach den Konzerten.

In den vergangenen Jahren ist Eisenstadt ein fixer Bestandteil in Tatars dicht gedrängtem Terminkalender geworden. Drei Festivals gehen heuer beim Schloss Esterházy über die Bühne – mit dem Forestglade (11. Juli) auch eines jener Festivals, mit dem sich Wiesen seinen legendären Kultstatus erworben hat.

Groove Quake und Lovely Days Eisenstadt

30.000 Menschen werden heuer bei den Festivals in Eisenstadt erwartet.

Nur wird genau 30 Jahre nach der ersten Auflage dieses Mal die Landeshauptstadt zur Rockbühne. Zu allen Eisenstadt-Festivals werden heuer rund 30.000 Besucherinnen und Besucher erwartet. Für Tatar garantiert "das Schloss Esterházy eine besondere Festivalstimmung“. 

Wenn das einer der größten Veranstalter Österreichs sagt, hat das besonderes Gewicht. Denn was ein gutes Festival definiert und wie wichtig positive Stimmung ist, weiß Tatar aus langjähriger Erfahrung. "Es wird nie das perfekte Festival geben und es wird immer Sachen geben, die den Leuten nicht taugen", ist er sich der Gratwanderung bei der Befriedigung der unterschiedlichen Ansprüche seiner Festivalbesucher bewusst. Zumal die Zielgruppe breiter wird: "Nach unten hin jünger und nach oben hin älter."

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