Warum die Sanierung des Neusiedler Hallenbads zum Politikum wird
Und wieder geht für das Hallenbad Neusiedl am See ein einsamer Sommer zu Ende. Es ist schon der vierte in Folge. Seit März 2020 ist hier kein Kind die beiden Rutschen hinuntergerutscht, hat keine Sportlerin im großen Becken ihre Bahnen gezogen, bekam keine Schulklasse Schwimmunterricht.
Im denkmalgeschützten Bad im Brutalismus-Stil (siehe Infobox unten) herrscht Einsturzgefahr; kurz vor der ersten Corona-Welle war wegen Gefahr im Verzug Badeschluss. Eine längst überfällige Sanierung konnte die Stadtgemeinde nicht alleine stemmen.
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Dann, im Jänner 2022, trat Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) als Retter in der Not auf den Plan: Das Land Burgenland wolle das Hallenbad umfassend sanieren. Mehr noch: Die Anlage solle um eine weitere Schwimmhalle und ein Dreisternehotel erweitert werden – und in der Folge von einer Landesgesellschaft betrieben werden.
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26 Millionen Euro
Der damals kalkulierte Kostenpunkt: 26 Millionen Euro. Eine Eröffnung wurde für Ende 2024 in Aussicht gestellt; damals war man aber auch noch von einem Baustart im Jahr 2022 ausgegangen. Jetzt, im September 2023, ist von Bautätigkeiten an der Adresse Sportzentrum 4 nach wie vor keine Spur. Das Gebäude ist weiterhin abgesperrt und dem Verfall preisgegeben.
Der KURIER hat sich im Büro des zuständigen Infrastruktur-Landesrates Heinrich Dorner (SPÖ) nach den Gründen für die Verzögerung erkundigt. Die Antwort: „Aus bekannten Gründen – Stichwort Baupreise, Teuerung und Energiekrise – musste der Business-Plan für das Hallenbad Neusiedl überrechnet bzw. in kleinen Bereichen auch adaptiert werden. Das ist erledigt und die zur baulichen Umsetzung notwendige Projektgesellschaft wurde bereits im Firmenbuch eingetragen.“ Für die Stadtgemeinde Neusiedl am See seien auf dieser Basis neue Kooperationsverträge ausgearbeitet worden, so der Sprecher des Landesrats. Diesen müsse nun der Gemeinderat zustimmen, dann könnten die nächsten operativen Schritte gesetzt werden.
Um jene neuen Verträge wird nun in der Stadtpolitik hitzig diskutiert – denn nur wenige hätten sie bereits zu Gesicht bekommen, beklagt vor allem die Neusiedler ÖVP.
Das Hallenbad Neusiedl am See wurde von 1974 bis 1977 nach Plänen der Architekten Stelzer & Hutter im Stil des Brutalismus (Sichtbeton-Bauweise) errichtet. Die Baukosten beliefen sich auf 65 Millionen Schilling.
2018 wurde das Hallenbad aufgrund seiner speziellen Architektur und der Tatsache, dass es seit der Eröffnung in den 1970ern kaum verändert wurde, unter Denkmalschutz gestellt
Im März 2020 wurde das Bad geschlossen: Einsturzgefahr wegen morscher Holzträger
SPÖ-Bürgermeisterin Elisabeth Böhm sagt dazu: „Wir werden das Hallenbad in der Gemeinderatssitzung am 28. September behandeln. Acht Tage davor werden alle Gemeinderäte Einsicht nehmen können. Vorher kann ich keine Verträge herausgeben, das ist die normale Vorgangsweise“, beruft sich die Stadtchefin auf die Gemeindeordnung.
„Kenntnisstand ist Null“
Vizebürgermeisterin Ingeborg Berger (ÖVP) ist damit nicht glücklich: „Natürlich ist das der offizielle Weg, dass man acht Tage vor der Sitzung Einsicht nehmen kann. Aber in Hinsicht auf eine gute Zusammenarbeit wäre es nicht schlecht, eine Ausnahme zu machen. Denn unser Kenntnisstand ist Null.“
Bereits im Februar 2022 hat der Neusiedler Gemeinderat einstimmig die (damaligen) Sanierungspläne des Landes abgesegnet. „Ich hoffe, dass jetzt wieder alle zustimmen. Schließlich gibt es einen Grundsatzbeschluss für die Sanierung und es ist jedem bewusst, dass wir das Hallenbad brauchen“, plädiert Bürgermeisterin Böhm.
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Ob sich die Vizebürgermeisterin vorstellen kann, dass ihre ÖVP-Fraktion die neuen Verträge nicht absegnen könnte – Grundsatzbeschluss hin oder her? Berger: „Vorstellen kann ich mir vieles. Ich kann nicht sagen, ich stimme zu, wenn ich nicht weiß, was drin steht.“
Zur Einordnung: Die SPÖ hat 12 Mandate im Neusiedler Gemeinderat, die ÖVP 10, die Grünen 2 und die FPÖ eines. Sollte die Fraktion der Volkspartei ihre Zustimmung verweigern, müssten die Sozialdemokraten auf Unterstützung von Grün und/oder Blau hoffen. Die Gemeinderatssitzung am 28. September wird in Neusiedl am See jedenfalls mit Spannung erwartet.
Tennisklubs mussten nicht so lange warten
Noch vor der Schwimmunion bangten Neusiedls Tennisspieler um ihre Heimstätte: Der alte Tennis-Treff hat im Herbst 2018 seine Pforten geschlossen. Mit dem neuen Eigentümer des Gebäudes, der OSG, konnte sich der UTC Neusiedl aber auf eine Weiternutzung bis zu Wintersaison 2022/‘23 einigen.
Im Endeffekt werden die Tennis-Asse nur einen Winter lang ohne Trainingsmöglichkeit direkt in der Stadt auskommen müssen. Denn der Spatenstich für die neue Tennishalle ist im August erfolgt, bis zum Frühjahr 2024 soll sie auch schon fertig sein.
Umgesetzt wird der 4,5 Millionen Euro teure Neubau mit Hilfe der Projektentwicklung Burgenland (PEB) auf einem Grundstück der Stadtgemeinde, unweit der alten Tennishalle.
Auf 3.000 Quadratmetern werden die Halle und ein Nebengebäude in Holzriegelbauweise errichtet. Teil des Projektes sind auch 20 Parkplätze, E-Ladestationen und eine Photovoltaik-Anlage am Hallendach. Die zwei Neusiedler Tennisklubs – UTC und HTC – haben zusammen mehr als 500 Mitglieder.
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