"Wackelkandidaten" bei der Gemeinderatswahl

"Wackelkandidaten" bei der Gemeinderatswahl
Besonders spannend wird es am 7. Oktober in Orten mit knapper Mehrheit und ehrgeizigen Herausforderern.

Eine Stimme fehlt. Diesen Satz möchte der Donnerskirchner ÖVP-Vizebürgermeister Johannes Mezgolits am Abend des 7. Oktober nicht mehr hören. Bei der letzten Gemeinderatswahl 2007 fehlte den Schwarzen in der Weinbaugemeinde genau eine Stimme auf die regierende SPÖ, für die 575 Bürger votierten. Bei den Kommunalwahlen in fünf Wochen will Mezgolits nicht nur die Mehrheit im Gemeinderat, sondern auch den Bürgermeistersessel erobern. "Die Zeit für eine Erneuerung in der Gemeinde ist reif", sagt Mezgolits.

Wette

"Wackelkandidaten" bei der Gemeinderatswahl

Daran glaubt auch die Parteispitze, für den landesweiten Wahlkampfauftakt der Volkspartei pilgerten vor wenigen Tagen Hunderte Funktionäre aus dem ganzen Land nach Donnerskirchen und Parteichef Franz Steindl wettete gar auf einen schwarzen Bürgermeister in der Leithaberggemeinde.

Für Mezgolits weder Bürde noch Ansporn: "Wir stecken uns unsere Ziele selbst".

Dass sein Herausforderer die ganze ÖVP hinter sich hat, schreckt SPÖ-Titelverteidiger Josef Frippus nicht. Die harte Gangart von Mezgolits komme in der Bevölkerung gar nicht gut an, meint der seit 20 Jahren amtierende 58-jährige Frippus, der mit seiner Erfahrung punkten will: "Der Bürgermeister arbeitet, die anderen kritisieren".

Mehrheitswechsel

"Wackelkandidaten" bei der Gemeinderatswahl

Bei der letzten Kommunalwahl 2007 gab es in 15 der 171 Gemeinden einen Mehrheitswechsel im Gemeinderat, bei der Bürgermeister-Direktwahl verloren die Sozialdemokraten zehn Ortschefs, gewannen fünf und halten bei 88 bei der Volkspartei war es genau umgekehrt (78). In Deutschkreutz blieb Manfred Kölly Bürgermeister, er kandidierte aber nicht mehr für die FPÖ, sondern für die Liste Burgenland. In vier Gemeinden regieren Listen-Ortschefs.

Wie viele Gemeinden diesmal "umgefärbt" werden, ist eine der spannendsten Wahl-Fragen. Die Parteistrategen beschäftigen sich intensiv mit "Wackelkandidaten", Namen werden aber nicht genannt, man will sich ja nicht blamieren, wenn es am Wahltag dann doch nicht klappt.

Ob der Abstand zwischen den Parteien zuletzt besonders knapp war, ist dabei nur ein Aspekt. Vielmehr vermögen neue, charismatische oder angriffslustige Kandidaten als sicher geltende Parteihochburgen in den Grundfesten zu erschüttern.

"Wackelkandidaten" bei der Gemeinderatswahl

Je nach Standort blickt man in den Parteizentralen neben Donnerskirchen besonders angespannt auf Andau, Oslip, Zagersdorf, Krensdorf, Forchtenstein, Raiding, Ritzing, Großpetersdorf, Mischendorf, Güssing und Rudersdorf, wo Rot und Schwarz um die Vorherrschaft kämpfen. Dazu kommen Großhöflein (Liste Burgenland) und Loipersbach (FPÖ), wo Wolfgang Rauter und Siegfried Zeltner die SPÖ-Bürgermeister ablösen möchten.

Dass Rudersdorf die Farbe wechselt, kann der schwarze Bürgermeister Franz Tauss nicht glauben: "Sicher nicht". 30 Prozent Vorsprung auf die SPÖ 2007, gar 40 % auf seinen Gegenkandidaten – was soll dem seit 1997 amtierenden 59-Jährigen passieren? Mit Ewald Schnecker hat Tauss einen umtriebigen Herausforderer. "Die Logik sagt nein, aber die Leute sagen, es funktioniert", liebäugelt Schnecker mit einer Sensation.

"Wackelkandidaten" bei der Gemeinderatswahl

Schon bei EU- und Landtagswahl habe er überdurchschnittlich viel Zustimmung erhalten. "Die Leute sehen, der redet nicht nur, er tut auch etwas", verweist Schnecker darauf, dass er Polizist und Feuerwehrmann ist.

Er habe auch schon andere ehrgeizige Herausforderer gehabt, ist Tauss dennoch guter Dinge Ortschef zu bleiben. "Im Amt" bleibt er als langjähriger Leiter des Gemeindeamtes in jedem Fall.

Marzer Tohuwabohu: Rot-schwarzer Schlagabtausch, Weiss im Spital

"Wackelkandidaten" bei der Gemeinderatswahl

Der Streit um das Nicht-Antreten der SPÖ-Marz bei der Kommunalwahl am 7. Oktober wird schärfer. SPÖ-Bezirkschef Christian Illedits kündigte am Samstag im KURIER-Gespräch eine Amtshaftungsklage gegen den Marzer ÖVP-Bürgermeister Gerald Hüller und den Oberamtmann an. Sollte die SPÖ in Marz nicht antreten dürfen, stehe der Gang zu den Höchstgerichten und eine Wahlanfechtung im Raum. Kommende Woche folgt ein Gutachten des Verfassungsrechtlers Heinz Mayer. Mayer gehe von einer "faktischen Annahme" der Wahlliste aus.

Wie berichtet, soll der rote Spitzenkandidat Dieter Weiss die Wahlliste am 24. 8.  zu spät im Gemeindeamt abgegeben haben, seit Montag dieser Woche war Weiss verschwunden. Am Freitag wurde er in einem Hotel in Tschechien entdeckt, am Samstag befand er sich in einem NÖ-Spital.

Nach einer sehr langen Schrecksekunde war die Bezirks-SP am Freitag in die Offensive gegangen und berief sich auf ein Gespräch eines SP-Gemeindevorstands mit Hüller und dem Oberamtmann. Demnach hätte Weiss den Wahlvorschlag fristgerecht um 12.45 Uhr eingebracht. Vom Oberamtmann zur Mängelbehebung weggeschickt, wurde die Liste erst um 13.20 Uhr abgestempelt – 20 Minuten zu spät.

Hüller weist diese Darstellung empört zurück: Weiss sei um 12.45 Uhr mit "leeren Händen, ohne ein Blatt Papier" gekommen. Der Amtmann kontaktierte Hüller, woraufhin der Weiss  sagte, er müsse bis 13 Uhr alles, was er habe, abgeben  – Weiss kam  erst um 13.20 Uhr. Und die eidesstattliche Erklärung des SP-Gemeindevorstands? Hüller: "Er hat sie nur unterschrieben", verfertigt worden sei sie "höchstwahrscheinlich von höherer Stelle".

Wahl 2012: So berichtet der KURIER

Heute startet der Burgenland-KURIER seine Intensivberichterstattung zur Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl am 7. Oktober: Wir liefern in den kommenden Wochen Daten, Fakten, Hintergründe und Analysen rund um den Urnengang in den 171 Gemeinden des Landes. Mit der KURIER-Lektüre treffen die Burgenländerinnen und Burgenländer sicher die richtige Wahl.

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