Tatsächlich tätlich wird er gegen den Schiri, dem er nach der roten Karte gegen das linke Bein tritt, was zu einer Fraktur des Knöchels führt. Das Spiel wird beim Stand von 8:1 für Lackenbach abgebrochen. Am Montag sitzt der 55-Jährige als Angeklagter im Landesgericht Eisenstadt.
Der aus der Türkei stammende österreichische Staatsbürger – wann er den österreichischen Pass bekommen hat, weiß er nicht – muss sich vor einem Schöffensenat unter Vorsitz von Richterin Melanie Gschiel wegen des Vorwurfs der versuchten Körperverletzung, der absichtlich schweren Körperverletzung und der gefährlichen Drohung verantworten. Strafrahmen: ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe.
Der Mann bekennt sich teilweise schuldig. Aber nicht alles, was in der Anklage steht, habe sich so zugetragen, übersetzt eine Dolmetscherin die Worte des Hobbykickers. Auch sein Anwalt Jürgen Kubin (RSS Rechtsanwälte) hält die Anklage für „weit übers Ziel hinausgeschossen“, denn von Absicht und Vorsatz könne keine Rede sein.
Aus der Reserve gelockt
Der nach 44 Tagen Liegegips und noch laufender Physiotherapie humpelnde Referee (61) sieht das im Zeugenstand anders: Der Tritt „war absichtlich, mit voller Wucht“.
Schnell wird klar, worauf der Angeklagte hinauswill. Der gut 20 Jahre jüngere Gegenspieler habe ihm nach einem Zweikampf „Ich f**** deine Mutter“ entgegengeschleudert.
„Er hat meine Werte beleidigt, meine Mutter ist für mich heilig“, verweist der Mann auf seine türkischen Wurzeln. Dass er in so einem Fall „das Recht“ habe zuzuschlagen, relativiert er später. Der Jüngere erinnert sich zwar nur daran, ihn „Hurenkind“ genannt zu haben, aber er sei „nicht stolz“ auf die Entgleisung und räumt zerknirscht ein, den Gegenspieler „leider beschimpft“ zu haben.
Jedenfalls hat der Ältere daraufhin gegen den Lackenbacher „aufgerieben“ und unmittelbar danach die gelbe und rote Karte kassiert. Dass er den Unparteiischen getreten habe, sei eine „Kurzschlusshandlung“ gewesen, meint der drahtige Mittfünfziger auf eine entsprechende Frage seines Anwalts. Denn eigentlich sei er „diplomatisch veranlagt“.
Zwei Jahre Sperre
Er habe nicht verstanden, warum er ausgeschlossen wird und der Auslöser ungeschoren davonkomme. „Hätte mir der Schiri zugehört, wäre das nicht passiert“, glaubt der 55-Jährige. „Wollen Sie jetzt sagen, der Schiri ist schuld?“, fragt die Richterin – was der Angeklagte so nicht gesagt haben will.
Neben Gegenspieler und Referee sind auch Mannschaftskameraden des 55-Jährigen und die Obmänner der beiden Fußballvereine als Zeugen geladen. Den Obmann des SV Lackenbach soll der Angeklagte beim Abgang vom Spielfeld bedroht haben, was aber nicht einmal der Vereinsobmann selbst ernst genommen hat.
Von diesem Vorwurf wird der 55-Jährige freigesprochen, für die beiden anderen Delikte werden ihm 18 Monate bedingt und eine unbedingte Geldstrafe von 1.800 Euro aufgebrummt. An den Schiri muss er rund 6.100 Euro Schmerzensgeld zahlen – verlangt worden war das Doppelte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Der 55-Jährige ist für zwei Jahre gesperrt. Ob er danach weiterspielt, ist offen. Für Zidane war das WM-Finale das letzte Spiel in der Nationalelf.
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