Das Burgenland ist ein Land der Gründer: Was sind ihre Motive?
Jung (40), weiblich, sucht ... ein Geschäftsmodell im Burgenland. So ähnlich dürften im Vorjahr rund 800 Frauen gedacht haben, die einen neuen Betrieb gründeten. Laut den aktuellen Daten der Wirtschaftskammer bleibt das Burgenland ein Land der Gründer: 1.610 neue Unternehmen im Vorjahr ergeben ein Plus von 5,7 Prozent zu 2022.
Betrachtet man die Einzelunternehmen, sticht besonders der hohe Frauenanteil ins Auge. Rund 48,9 Prozent bedeuten Platz 1 im Bundesländerranking (Österreichschnitt: 44,5 Prozent). Rechnet man die Fachgruppe Personenbetreuung dazu, beträgt die Frauenquote sogar stolze 58,7 Prozent.
Regional gesehen verzeichnete der Bezirk Neusiedl am See die meisten Neugründungen (363), gefolgt von den Bezirken Eisenstadt (323) und Oberwart (316). Das Durchschnittsalter der Neugründenden im Burgenland lag bei 40,8 Jahren.
Zwei Drittel gibt es nach fünf Jahren noch
Die Bestandsdauer der gestarteten Unternehmen ist im Europavergleich überdurchschnittlich hoch: Über zwei Drittel sind nach fünf Jahren immer noch tätig. Der überwiegende Teil (85,9 Prozent) wurde als Einzelunternehmen gegründet. Die zweithäufigste Rechtsform war die GmbH mit zehn Prozent.
"Der Gründergeist im Burgenland bleibt ungebrochen", freut sich Wirtschaftskammerpräsident Andreas Wirth angesichts der jüngsten Zahlen. "Die Burgenländerinnen und Burgenländer wagen es weiterhin, ihre Ideen umzusetzen und so mehr Wertschöpfung wie auch Arbeitsplätze zu schaffen. Die Gründungsstatistik für 2023 zeigt, dass wir uns auf einem guten Weg befinden."
Aber warum entscheiden sich Menschen zur Selbstständigkeit und ziehen das schon im Namen steckende "selbst und ständig" einem Angestelltenverhältnis vor?
Die Motive sind seit Jahren konstant: 70,7 Prozent nannten eine flexible Zeit- und Lebensgestaltung, 69,3 Prozent wollten lieber ihr eigener Chef sein als einen Chef haben und etwa 43,5 Prozent gaben an, sich ein zweites Standbein schaffen zu wollen.
Einer der 1.610 Gründer ist Nicolas Pfeffer aus Frauenkirchen, der mit seinen 19 Jahren das Gewerbe Eventmanagement und einen Handel angemeldet hat. „Der Eintritt ins Unternehmertum war für mich alternativlos, da es mir nur so möglich wurde, meine Ambitionen im Bereich der Events weiter fortzusetzen und diese auf das nächste Level zu heben.“
Industrie sieht kein Licht am Ende des Tunnels
Einmal im Quartal fragt die Industriellenvereinigung Burgenland (IV) die Industrieunternehmen des Landes nach ihren wirtschaftlichen Erwartungen für die kommenden Monate. „Die aktuellen Ergebnisse lassen weiterhin keine Anzeichen einer Erholung erkennen“, heißt es in der dazugehörigen Presseaussendung.
Die Einschätzung der Geschäftslage hat sich weiter verschlechtert und fällt bereits seit fünf Quartalen ununterbrochen schwächer aus. Insbesondere die Auftragslage ist in den letzten drei Quartalen deutlich zurückgegangen.
Einen großen Anteil haben dabei vor allem die starken Rückgänge bei den Auslandsaufträgen, die nur noch von drei Prozent der befragten Unternehmen als gut beurteilt wird.
Die Entwicklung der Verkaufspreise wird weiterhin eher pessimistisch eingeschätzt. Auch wenn die Inflationsrate leicht gesunken ist, belasten die überdurchschnittliche Teuerung, die hohen Lohnabschlüsse und die mittlerweile fast vier Jahre andauernde Lieferkettenproblematik aufgrund von Pandemie und Krieg die Unternehmen.
"Wichtig für den Standort ist jetzt eine deutliche Lohnnebenkostensenkung und weitere Anreize, die die Leistungsbereitschaft stärken" betont IV Burgenland-Geschäftsführerin Aniko Benkö. "2024 ist ein Jahr der Weichenstellungen. Es ist an der Zeit, mutige Schritte zur Förderung unserer Wettbewerbsfähigkeit zu setzen. Das heißt auch, schnelle Genehmigungsverfahren und keine überbordenden bürokratischen Belastungen", erklärt Benkö.
Ein Beispiel für überschießende Nachweispflichten und extremen administrativen Aufwand sei die auf EU-Ebene geplante Lieferketten-Richtlinie.
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