"Uns werden Querschüsse unterstellt", sagt Doskozils rechte Hand
SPÖ-Klubobmann Roland Fürst über die Nationalrats- und Landtagswahlen, Koalitionsoptionen, Köpferollen und wer für ihn – neben Hans Peter Doskozil – der wichtigste rote Landeshauptmann ist.
Roland Fürst (54) ist Ausputzer und Flügelspieler zugleich: Der Klubchef und frühere SPÖ-Landesgeschäftsführer ist einer der engsten Vertrauten von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.
KURIER: Wann sollte der Nationalrat gewählt werden – zum regulären Termin im Herbst oder noch vor dem Sommer?
Roland Fürst: Je schneller, umso besser. ÖVP und Grüne blockieren sich in der Bundesregierung nur noch gegenseitig.
Aus parteitaktischer Sicht müsste die SPÖ Burgenland doch froh sein, Schwarz-Grün noch möglichst lange als Reibebaum zu haben?
Aus burgenländischer Sicht kann ein Herbsttermin für die Nationalratswahl Vor- und Nachteile haben. Nachteilig könnte sein, dass die nächste Bundesregierung bis zur Landtagswahl im Jänner 2025 gar noch nicht feststeht. Aber wir starren nicht auf den Bund, wir konzentrieren uns aufs Burgenland.
Lassen Sie uns noch ein wenig auf den Bund schauen: Sollte die SPÖ nach der Wahl den Kanzler stellen, hören dann die Querschüsse – pardon: Ratschläge – aus dem Burgenland auf?
Wir verlassen unseren eigenständigen Weg nicht. Man muss endlich zur Kenntnis nehmen, dass es im urbanen Wien andere Herausforderungen gibt als im ländlichen Burgenland. Seit 60 Jahren stellt die SPÖ im Burgenland den Landeshauptmann und seit 60 Jahren geht sie einen eigenen Weg. Uns werden immer gleich Querschüsse unterstellt. Als der Vorarlberger ÖVP-Landeshauptmann (Markus, Anm.) Wallner wegen des Finanzausgleichs gegen die eigene Bundespartei gewettert hat, war nie von einem Querschuss die Rede.
Was, wenn die SPÖ im Bund nur auf Platz drei kommt? Steht LH Hans Peter Doskozil dann vor der Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße wieder ante portas?
Nein, er hat dezidiert gesagt, dass die Bundespolitik für ihn abgeschlossen ist. Wie wir wissen, steht Doskozil zu seinem Wort. Er konzentriert sich auf die Landtagswahl und seine zweite Periode als Landeshauptmann.
Alle Umfragen sehen die FPÖ auf Platz eins. Soll Herbert Kickl als Kanzler unbedingt verhindert werden oder „soll er‘s halt probieren“?
Ich halte es für falsch, den Fokus derart auf die FPÖ und Kickl zu lenken. Stattdessen sollte man sich auf die eigene Politik konzentrieren. Je mehr man sich mit der FPÖ beschäftigt, umso mehr nützt ihr das. Wir beteiligen uns nicht daran und werden uns auch nicht in etwaige Koalitionsverhandlungen einmischen. Ich möchte aber schon eins anmerken: Die FPÖ ist beim Regieren immer von Dr. Jekyll zu Mister Hyde geworden und für die Republik oder Kärnten war der Schaden nachher groß.
Also keine Koalition mit den Freiheitlichen im Bund?
Das hat der Landeshauptmann klar ausgeschlossen, ob mit oder ohne Kickl.
Für die SPÖ Burgenland sitzen Max Köllner und Christian Drobits im Nationalrat. Gibt‘s Änderungen?
Wir stehen erst am Anfang der Gespräche, die Liste soll im Frühjahr beschlossen werden.
Und die Kandidatenliste für die Landtagswahl?
Im Herbst.
Kann die SPÖ die absolute Mehrheit von 2020 halten?
Jede Partei stellt sich mit der Performance der letzten fünf Jahre zur Wahl. In keinem anderen Bundesland hat die Landesregierung so viel getan wie die Sozialdemokratie bei uns. ÖVP und Grünen, die im Bund regieren, wäre es nicht verboten gewesen, die eine oder andere gute Idee zu haben, Infrastrukturprojekte und Betriebsansiedelungen ins Land zu bringen. Aber da ist nichts gekommen. Insofern bin ich zuversichtlich, dass wir ein gutes Ergebnis einfahren.
Was, wenn die Absolute verloren geht. Tritt Doskozil dann zurück, weil er die Partei nicht nach oben ziehen konnte?
Nein, solange er diese Strahlkraft besitzt. Er ist ja auch der mit Abstand beliebteste Landeshauptmann ...
... und der umstrittenste.
Wenn der umstrittenste gleichzeitig der beliebteste ist, sind wir auf dem richtigen Weg, weil er offensichtlich im Sinne der Bevölkerung streitet. Das honorieren die Menschen. Doskozil ist glaubwürdig, authentisch und steht zu dem, was er sagt. Das ist in der Politik nicht mit Gold aufzuwiegen.
Aber wenn es 2025 weniger als die 49,9 Prozent von 2020 werden, ist das objektiv ein Rückschritt.
Wir sind auf sehr hohem Niveau und werden wieder ein gutes Ergebnis einfahren. Ob es mehr oder weniger als 50 Prozent werden, wird man sehen.
Ist Ihnen Alexander Petschnig als FPÖ-Spitzenkandidat lieber als Norbert Hofer?
Das ist uns egal. Der Weg, den die FPÖ unter dem neuen Landesgeschäftsführer (Daniel Jägerbauer, Anm.) geht, wird so und so fortgesetzt. Die Art und Weise, wie die Freiheitlichen den Landeshauptmann attackieren, war noch nie da. Ich hoffe, sie machen so weiter, denn das kommt im Burgenland gar nicht gut an.
Wenn die SPÖ doch einen Koalitionspartner im Land brauchen sollte, bleiben eigentlich nur die Grünen?
Das kann man noch nicht sagen, weil ich davon ausgehe, dass die Köpfe bei den anderen Parteien nach der Wahl andere sein werden als jetzt.
Gibt es im SPÖ-Regierungsteam Änderungen?
Nein.
Es wird gemunkelt, die Landesregierung könnte wieder von fünf auf sieben Mitglieder aufgestockt werden?
Ach so? Davon habe ich noch nichts gehört.
In den vergangenen Wochen sorgte der „Müll-Deal“ für politischen Zündstoff. Das Land wollte die Gemeinden mit einer höheren Förderung fürs Kindergartenpersonal entlasten und im Gegenzug den gemeindeeigenen Müllverband – was die ÖVP abgelehnt hat. Gibt‘s einen neuen Vorschlag der SPÖ?
Das Scheitern des Deals hat allein und zu 100 Prozent die ÖVP zu verantworten. Wir sind jetzt nicht mehr in der Ziehung.
Das Land könnte einfach weniger Ertragsanteile von den Gemeinden einbehalten oder die Landesumlage streichen?
Die burgenländischen Gemeinden haben im Bundesländervergleich ohnehin den besten Schlüssel.
Sie kommen aus der linken Ecke der Sozialdemokratie, waren sogar einige Jahre bei den Grünen in NÖ. Warum sind Sie nicht im Babler-Lager, sondern bei Doskozil?
Ich bin im Lager der Sozialdemokratie. Ich wäre für niemand anderen in die Politik gegangen als für Doskozil, weil er zu einem ganz hohen Prozentsatz meinen politischen Vorstellungen entspricht.
Da erübrigt sich die Frage, wer für Sie der wichtigste rote Landeshauptmann seit 1964 ist?
Ja. Ich möchte neben Doskozil aber auch Hans Niessl nennen. Er hat 2015 verhindert, dass sich eine Koalition gegen die mit Abstand stärkste Partei bildet, indem er die SPÖ in die viel kritisierte Koalition mit der FPÖ geführt hat und diese Entscheidung letztlich auch die Basis für den Wahlerfolg 2020 war.
Für den Machterhalt nimmt die SPÖ die FPÖ in Kauf?
Keineswegs. Aber wenn man mit so deutlichem Abstand vorne liegt, muss sich in der Regierung auch der Wählerwille abbilden.
Wollen Sie nach der Landtagswahl im Jänner kommenden Jahres Klubobmann bleiben oder Landesrat werden?
Um Gottes willen! Ich bin zuversichtlich, dass ich den richtigen Platz finden werde. Ich bin ja erst seit ein paar Monaten Klubobmann und das sehr gerne.
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