Südburgenland: Wiederentdeckung der wilden Wiesen

Ein Kochkurs mit wilden Kräutern steht am Wochenende ebenso auf dem Programm wie das Erforschen von Insekten und Pflanzen für Jung und Alt.
Eine Woche darauf wird dann Oxymel hergestellt – die auch Sauerhonig genannte traditionelle Mischung aus Honig und Essig wurde in der Antike als Heilmittel und auch in der Küche verwendet.
Im unlängst eröffneten Streuobst-Kompetenzzentrum in Burgauberg geht es um viel mehr als nur Wiesen und Streuobst an sich.
Sondern um das gesamte Ökosystem und den komplexen Lebensraum mit seiner vielfältigen Biodiversität direkt vor unserer Haustür. Der Bogen der Tätigkeiten spannt sich vom Ursprung, also den Samen längst vergessener Sorten, über die Bewirtschaftung bis hin zum Nutzen für den Menschen. Seit 2023 zählen Streuobstwiesen zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO.
Theorie und viel Praxis
"Nur was wir schätzen, können wir bewahren", sagt Geschäftsführerin Brigitte Gerger, die sich seit 1994 mit dem Verein Wieseninitiative für den Erhalt von Streuobstwiesen einsetzt.

Brigitte Gerger setzt sich seit 1994 mit dem Verein Wieseninitiative für Streuobstwiesen ein – aktuell im Zentrum in Burgauberg.
Ananas-Renette, Batullenapfel, Roter von Simonffy oder Schöner von Boskoop – das sind nur einige Namen von 23 alten Apfelsorten, die aktuell in der Sorten-Suchmaschine des Streuobst-Kompetenzzentrums angeführt sind. Bis zu 100 sollen es demnächst werden.
Die meisten der vorgestellten Sorten werden über das Sortenerhaltungsnetzwerk des Vereins Wieseninitiative gepflegt. Bei Interesse können Edelreiser für die Vermehrung angefordert werden. "Dadurch sollen möglichst viele klassische und seltenere Streuobstsorten bewahrt und auch ein Beitrag für die Erhaltung der Vielfalt der Streuobstwiesen geleistet werden", sagt Geschäftsführerin Brigitte Gerger.
Über 300 Sorten hat der knapp 1.500 Mitglieder zählende Verein Wieseninitiative schon gesammelt. Beim Apfelkulinarium am 18. und 19. Oktober in Burgauberg (Bezirk Güssing) können viele dieser fast vergessenen Sorten neu entdeckt und auch verkostet werden.
Mit dem Kompetenzzentrum steht ihr nun eine umfangreiche Infrastruktur zur Verfügung: eine große Seminarküche, Brenn-, Essig- und Dörrräume sowie eine Fachbibliothek rund um den Streuobstbau und die Obstverarbeitung. Außerdem gibt es Produktionsräume, in denen das eigene Obst zu Dörrobst, Essig, Edelbränden und weiteren Produkten verarbeitet werden kann.

Streuobstwiesen haben einen hohen Humusgehalt von bis zu acht Prozent.
"Wir unterstützen bei der Veredelung und Verarbeitung des Obstes und bei der Vermarktung der Produkte", sagt Gerger. Ein Schwerpunkt der Forschung liegt auf der Resistenz von alten Sorten und Lokalsorten, insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel, um bei Neuauspflanzungen ein robustes Sortenspektrum anbieten zu können.
Press mir mein Obst aus
Das Zentrum zeichnet sich so wie das gesamte Südburgenland durch einen Mix aus Tradition, Innovation und Gemeinschaft aus. Anschauliches Beispiel ist die mobile Saftpresse, die auch heuer unterwegs sein wird, um Obst direkt vor Ort zu frischem Saft zu verarbeiten. "Damit noch mehr Obst gerettet werden kann, planen wir zusätzliche Presstage", kündigt Gerger an.
Streuobst-Kompetenzzentrum Burgauberg
Das Projekt wurde im früheren Gemeindeamt von Burgauberg um 600.000 Euro mithilfe von EU-Förderungen umgesetzt.
23 Apfelsorten
sind derzeit in der Sorten-Suchmaschine des Streuobst-Zentrums eingetragen – bei Interesse können Edelreiser angefordert werden –
streuobst-zentrum.at
Im Vorjahr gab es 23 im Süd- und Mittelburgenland, im Schnitt wurden 20 Kunden pro Tag bedient. Gemeinden, Vereine und Initiativen aus dem Burgenland, die gerne in ihrer Region einen Presstag organisieren möchten, seien herzlich eingeladen, sich zu melden - per eMail an info@streuobst-zentrum.at.
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