Und nur weil einem der Wind auf Fußgängerhöhe um die Ohren bläst, heißt das noch lange nicht, dass er auch in einer Höhe von 100 Metern und mehr ausreichend weht.
Böe ist nicht gleich Wind
Das ist auch der Grund, warum sich zwei benachbarte Windräder nicht gleichzeitig drehen müssen. Der „Sweet Spot“ – im Fachjargon „Nennwindgeschwindigkeit“ –, bei dem unter Volllast produziert wird, liegt bei einem neuen „Enercon E-138“ bei etwa 50 Stundenkilometern.
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Grundsätzlich lässt sich aber schon sagen, dass ein höheres Windkraftwerk tendenziell auch mehr Strom produzieren wird. Denn umso höher das Windrad, desto gleichmäßiger die Windverhältnisse. Laut IG-Windkraft steigt die Stromausbeute mit jedem Meter um rund ein Prozent.
Wenn mehr weniger ist
Eine Verdoppelung der Flügellänge steigert den Ertrag um das Vierfache. Eine konstante Verdopplung der Windgeschwindigkeit bringt sogar den achtfachen Ertrag.
Am Freitag erzeugte die gesamte Windkraft in Österreich in einer Stunde um die Mittagszeit laut APG-Dashboard knapp 3.400 Megawatt an Leistung.
Wären die Böen mit 200 Stundenkilometer bis ins Burgenland gekommen, hätte das die Stromproduktion nicht unbedingt erhöht. Neben einer Einschalt-Windgeschwindigkeit gibt es – als Sicherheitsmaßnahme – auch Sturmregler.
Diese beginnen bei etwa 80 km/h über mehrere Sekunden hinweg zu greifen. Zum Beispiel dadurch, dass die Rotorblätter leicht aus dem Wind gedreht werden. Wird die Belastung für das Material zu groß, schaltet sich das Windrad automatisch ab.
Ein Flügel hat 20 Tonnen
„Bei den neuen Enercon-Kraftwerken hat ein einziges Rotorblatt schon rund 20 Tonnen an Gewicht“, erklärt Burgenland Energie-Sprecher Jürgen Schwarz den Grund. Das Abschalten soll eine Überbeanspruchung verhindern.
Weil moderne Windkraftanlagen mit Windmessgeräten und Steuerungssystemen ausgestattet sind, passen sich Rotorblattwinkel und die Drehzahl der Turbine meist automatisch an die jeweiligen Windbedingungen an. Üblicherweise „stehen“ Windräder aber nur bei Wartungsarbeiten.
In den vergangenen zwei Jahren lag der Schwerpunkt im Burgenland auf dem Austausch alter Windkraftanlagen („Repowering“). „Ältere Generationen wurden durch neue, größere und damit wesentlich leistungsstärkere Anlagen ersetzt“, erklärt Burgenland Energie-Sprecher Jürgen Schwarz. Das habe dazu geführt, dass es insgesamt etwas weniger Windräder gibt, diese aber mehr Strom erzeugen.
Projekt am Neusiedler See
Ein modernes Windrad bringt im Seewinkel zwischen 70 und 100 Prozent mehr Strom als bestehende ältere Modell, so Schwarz.
Verzögerungen gibt es beim Repowering von geplant 245 Meter hohen Anlagen im Windpark Neusiedl-Weiden.
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Derzeit verzögert sich das Projekt wegen eines Einspruchs vor Gericht. „Wir gehen aber davon aus, dass wir gewinnen“, sagt Schwarz. 44 bestehende Anlagen sollen durch 23 neue ersetzt werden.
Auch danach soll das Burgenland laut Schwarz der Windkraft-Hotspot Österreichs bleiben – für den Konzern: „In NÖ stehen insgesamt mehr Windräder als bei uns, aber hier sind 45 Prozent in unserem Besitz.“
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