Spontane Besuche in Asylunterkunft verboten: "Pressefreiheit eingeschränkt"

Dokumentation über die Zustände in der Unterkunft in Pama
Journalisten wegen Besitzstörung angezeigt, Gericht gab Unterkunftgeber recht.

An den Wänden großflächig Schimmel, auf den Betten verdreckte Matratzen, eine tägliche Lotterie, ob warmes Wasser aus der Leitung kommt.

Auf Einladung von Asylwerbern besuchten Mitarbeiter der Rechercheplattform Dossier 2013 und 2014 wiederholt deren Unterkunft in Pama, Bezirk Neusiedl. Auf die vorgeworfenen Missstände reagierte der Quartiergeber – mit einer Besitzstörungsklage gegen die Journalisten. Das Landesgericht Eisenstadt gab ihm in zweiter Instanz recht. Die Entscheidung sorgt für Kontroversen.

Missstände

"Die Pressefreiheit erheblich eingeschränkt", sieht Dossier-Chefredakteur Florian Skrabal. Das Recht der Asylwerber, Besuch zu empfangen, und das öffentliche Interesse an Missständen in Asylunterkünften sei geringer bewertet worden als das Hausrecht des Betreibers. Zudem habe es im Verfahren erhebliche Mängel gegeben. Das Risiko einer außerordentlichen Revision wird man dennoch nicht eingehen.

Laut Landesgericht sei der Kläger "nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet", die Besuche zu untersagen – auch wenn die Motive "durchaus lauter" sein mögen. Der Besuch einer Unterkunft sei nur nach Rücksprache mit dem Amt der Burgenländischen Landesregierung zulässig.

Bei der Plattform Bleiberecht schrillen deshalb die Alarmglocken. Für Sprecherin Gerlinde Grohotolsky erschwert es nicht nur die Arbeit für Journalisten: "Bei akuten Fällen wird es für Unterkunftgeber leichter möglich sein, Mängel zu beschönigen." Sie sieht auch die Arbeit von NGOs gefährdet und Integrationsarbeit erschwert, wenn Besuche einer Anmeldung und Genehmigung bedürfen.

Jene Unterkunftgeber, bei denen alles passt, hätten ohnehin nichts gegen unvorangemeldete Besuche einzuwenden. "In jedem anderen Bereich, in dem öffentliche Gelder fließen, ist schließlich auch Transparenz gewährleistet, warum soll das nicht auch bei den Flüchtlingsunterkünften so sein", ärgert sich Grohotolsky.

Wolfgang Hauptmann ist Leiter der Grundversorgung im Amt der Burgenländischen Landesregierung. Er sieht keinen Grund zur Beunruhigung. Sein Argument: "Sie würden schließlich auch nicht jedem Zutritt in ihr Wohnhaus gewähren." Besuche von Journalisten oder NGOs seien möglich, allerdings nach vorheriger Absprache mit dem Land. "Es ist nicht möglich, die Hauseigentümer in Nacht und Nebelaktionen zu überfallen, um die Zimmer zu besichtigen."

Die Sorge der NGOs, dass ohne ihre kurzfristigen Besuche Mängel nicht aufgedeckt würden, wischt Hauptmann vom Tisch. "Das ist ja sowieso die Aufgabe des Landes, die Quartiere zu kontrollieren." Erst vergangene Woche habe seine Abteilung drei Unterkünfte ohne vorherige Anmeldung genau unter die Lupe genommen. "Ein Quartier mit drei bis vier Familien mussten wir aufgrund von Mängeln komplett leeren", schildert Hauptmann. Außerdem habe auch das UNHCR (Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen, Anm.) das Recht, die Asylunterkünfte zu jeder Zeit unter die Lupe zu nehmen.

Kommentare