Seestadt nimmt Kurs auf Sanierung
Glaubt man der Opposition, steht Neusiedl am See das Wasser bis zum Hals. Grün-Gemeinderätin Alexandra Fischbach warnt, die Stadt sei nicht mehr liquid, für den Freiheitlichen Gottfried Haider steht sie „nahe am Bankrott“ und die rote Vizebürgermeisterin Elisabeth Böhm schätzt den Schuldenstand der Kommune auf 40 Millionen Euro.
Am kommenden Montag kommt es im Eisenstädter Landhaus zum Gipfeltreffen. ÖVP-Bürgermeister und 2. Landtagspräsident Kurt Lentsch trifft mit Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) und dem schwarzen Vize Franz Steindl zusammen. Die Landesspitzen erwarten sich einen Zwischenstand des Sanierungskonzepts, das von der Gemeindeaufsicht des Landes verlangt wurde. Wie hoch der Schuldenstand von Neusiedl derzeit ist, wisse sie nicht genau, sagt die Leiterin der Gemeindeabteilung, Christina Philipp: „Wir sind schon sehr neugierig.“
Auf 40 Millionen Euro könne man nur kommen, wenn man die Haftungen dazuzähle, das sei aber nicht rechtens, erwidert Lentsch im KURIER-Gespräch. Er will von Sanierung nichts wissen, sieht nur einen „Konsolidierungsbedarf“. Ab 2017 gehe es Neusiedl wieder gut, dann seien einige Darlehen zurückbezahlt.
In der jüngsten Gemeindefinanzstatistik 2012 ist bei Gesamteinnahmen von 16,7 Millionen Euro ein Schuldenstand von 15,7 Millionen Euro ausgewiesen, dazu kämen die Schulden ausgelagerter Gesellschaften – rund 12 Millionen Euro für die Freizeitbetriebe GmbH und 2,5 Millionen für den Verein zur Erhaltung der Infrastruktur, in Summe also rund 30 Millionen Euro.
Wie konnte es so weit kommen? Lentsch versucht es anhand des Hallenbades zu erklären, das einen jährlichen Abgang von 600.000 bis 800.000 € verursache. Das Bad sei wichtig, aber ohne Unterstützung durchs Land werde zu überlegen sein, das Fass ohne Boden zu schließen.
Der Grazer Steuerberater Peter Pilz von der Kanzlei Kommunal-s begleitet wie schon in Oberwart die Sanierung. Inhaltlich will er nichts sagen, man habe den Ist-Zustand erhoben, jetzt gehe es darum, ob sich die „finanzielle Sicht der Gemeinde mit der des Landes deckt“, die eigentliche Sanierung würde erst Anfang kommenden Jahres starten. Pilz: „Dann geht‘s ans Eingemachte“. Wo Neusiedl sparen muss, soll erst beim Budget-Gemeinderat für 2014 besprochen werden, der nach dem Gespräch von Lentsch mit den Landesspitzen stattfindet. Dass der jährliche Bedarf bei 1,3 Mio. € liege, sei bekannt, sagt die Grüne Fischbach.
Im Gemeinderat könnte auch wieder Thema werden, dass die Steuerberatungskanzlei von Lentsch die Buchhaltung für die Stadt-Töchter Freizeitbetriebe und Infrastruktur-Verein erledigt. „Das ist für uns unvereinbar und hat eine schiefe Optik“, fordert SP-Vizestadtchefin Böhm „eine Neuausschreibung“. Lentsch ist empört: Die Kanzlei habe nach einer Ausschreibung den Zuschlag erhalten, „da war ich noch Stadtrat“.
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