Die Anklägerin führte weiters aus, dass der Mann, inzwischen 71 Jahre alt, dem Schulmädchen damals gedroht habe: „Wenn du das jemandem erzählst, dann kommt deine kleine Schwester dran.“ Zeugen dieser schrecklichen Taten, die sich im Zeitraum 1990 bis 2000 zugetragen haben sollen, gibt es freilich keine.
„Ich hatte Flashbacks“
Warum die heute 39-Jährige erst so spät über ihr Martyrium sprechen und Anzeige erstatten konnte, erklärte sie so: „Ich hatte Flashbacks, die ich nicht zuordnen und nicht deuten konnte. Erst als ich eine Psychotherapie gemacht habe, kamen diese Erlebnisse wieder zurück, die mein Leben ruiniert haben.“ Und in Richtung ihres Peiniger: „Er hat damals jede Möglichkeit und Gelegenheit ausgenutzt, um zu mir ins Zimmer zu kommen.“
Diesem und allen anderen Vorwürfen widersprach der Beschuldigte vehement und stellte die Frage an den Schöffensenat: „Wie beweise ich etwas, das ich nicht gemacht habe?“, um dann eine vorgefertigte Stellungnahme zu verlesen. Mit der Botschaft, dass er als verheirateter dreifacher Vater zu der befreundeten Familie gezogen ist und dort länger im Wohnzimmer auf der Couch geschlafen hat.
„Damals habe ich viel gearbeitet. Und wenn ich nicht im Job war, dann habe ich geschlafen. Mit dem Mädchen hatte ich kaum Kontakt.“ Es stimme aber, dass die Eltern der Kinder damals kaum Daheim gewesen seien, weil sie in der Nacht gearbeitet hätten.
Verteidigerin Veronika Ujvarosi setzte sich für ihren Mandanten mit voller Überzeugung ein: „Ich übe diesen Beruf seit mehr als 15 Jahren aus. Mein Credo war immer: Ich vertrete keine Vergewaltiger. Und das wird auch so bleiben. Denn mein Klient ist glaubwürdig unschuldig.“
Weiters führte sie an, dass sich in Krankenhausakten keine Hinweise auf solche Missbrauchstaten finden lassen, obwohl die damals Zwölfjährige nach einem Selbstmordversuch gründlich untersucht worden ist.
Freispruch im Zweifel
Besonders betonte die Anwältin dann einen Passus aus dem vom Gericht eingeholten Sachverständigen-Gutachten. Denn dort hieß es, dass beim mutmaßlichen Opfer auch ein „False-Memory-Syndrom“ vorliegen könnte. Erklärbar damit, dass Menschen über Vorfälle und Ereignisse berichten, die in der Realität niemals stattgefunden haben.
Nach einem Marathonprozess von neuneinhalb Stunden und langer Beratungszeit fällte der Schöffensenat das Urteil: „Freispruch im Zweifel.“
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