Elternproteste: Ganztagsschule ohne Hort sorgt für Turbulenzen

Dunkle Wolken vor dem neuen Schuljahr über dem Bildungscampus Oberwart.
Ein paar Tage vor Schulbeginn braucht niemand einen Eklat – weder Eltern noch Schulerhalter und die Kinder schon gar nicht. Genau das ist aber in Oberwart vor dem Start des neuen Volksschuljahres passiert.
Aufgeregte Eltern berichteten in den Sozialen Medien von „untragbaren Zuständen, fehlender Kommunikation, Chaos“ und mangelndem Miteinander und sehen den Schulerhalter, also die Stadtgemeinde, in der Pflicht.
Ich werde mein Kind doch noch abholen können, wann ich will.
auf Facebook
Die verweist auf die Umstellungen, die im Zuge der Einführung einer Ganztagsschule notwendig sind. Zudem sei für die schulische Tagesbetreuung die Bildungsdirektion und die Schulleitung verantwortlich.
800 Menschen pro Tag
Im August wurde der Schulcampus Oberwart eröffnet, mit dem Start des neuen Schuljahres beginnt der Betrieb in der Praxis. Im gesamten Komplex integriert sind die Volksschule mit rund 330 Kindern, die Mittelschule mit etwa 300 Jugendlichen und dazu noch die Musikschule Oberwart. Alle zusammengenommen bewegen sich laut Stadtgemeinde pro Tag rund 800 Menschen am rund zehn Hektar großen Gelände.

Der neue Bildungscampus in Oberwart mit der Volksschule als Ganztagsschule.
Was ist das Problem?
Die genau geregelten Abholzeiten der Kinder sorgen für Diskussionen. Diese können nämlich entweder nach Schulschluss (ab 11.15 Uhr) oder nach dem um 11.30 Uhr beginnenden Mittagessen (bis 13 Uhr) abgeholt werden. Wenn ein Kind für die Ganztagsbetreuung angemeldet ist, dauert diese aber bis 16 Uhr.

Kritik an Stadtchef Rosner (li.) von Eltern und SPÖ-Vize Leitgeb (re.); am Bild mit Projektleiter Thomas Rosner.
Das frühere Abholen wie im kostenlosen Kindergarten, wo laut Gemeinde „viele Kinder ganztags angemeldet wurden, aber von den Eltern oft zu unterschiedlichen Zeiten abgeholt wurden“, ist nicht mehr möglich. Genau das regt aber viele Eltern auf. „Ich werde mein Kind doch abholen können, wann ich will“, schrieb eine Mutter auf Facebook, die Zustimmung anderer Elternteile war ihr sicher.
Fix: Abholung bis 13 Uhr
Doch genau das ist beim Konzept der Ganztagsschule nicht vorgesehen – und wäre auf einem derart großen Gelände, wie es der neue Schulcampus ist, wohl auch nur schwer umsetzbar. Außerdem, so heißt es aus der Gemeinde, sei die Nachfrage im vergangenen Schuljahr nach der sogenannten Warte- oder Abholgruppe überschaubar gewesen.
Ein Straßendorf auf dem Weg zu einer Kleinstadt
Wenn Interessen aufeinanderprallen, fliegen in den sozialen Medien die Fetzen. Dort hat der Konflikt in Oberwart begonnen – angestoßen von Eltern, deren Kinder in die Volksschule wechseln. Der Tenor: „Mir kann niemand vorschreiben, wann ich mein Kind abholen darf.“ Mit Erfolg, wie der jüngste Schwenk der Stadt zeigt.
Allen recht getan ist eine Kunst, die niemand kann
Früher oder später stößt diese Servicekultur an ihre Grenzen. Nämlich spätestens dann, wenn aus einem Straßendorf eine echte Kleinstadt gewachsen ist. In einer solchen braucht es nämlich klare Regeln, die möglichst vielen Bedürfnissen gerecht werden. Es allen recht zu machen, ist ohnehin unmöglich.
Michael Pekovics
Sieben von 338 Volksschulkindern seien im Schnitt angemeldet gewesen, das waren gerade einmal zwei Prozent aller Oberwarter Volksschulkinder. Im heurigen Schuljahr schätzt die Stadtgemeinde den Bedarf auf „sieben bis 14 Kinder“. Früher sei die Aufsichtsperson immer wieder alleine in einer Klasse gesessen, weil die Kinder vom Hort früher abgeholt wurden.
Freilich ist die Angelegenheit auch ein Politikum geworden. So forderte die SPÖ einen runden Tisch mit allen Beteiligten noch vor Schulbeginn. ÖVP-Bürgermeister Georg Rosner winkt diesbezüglich aber ab und verweist auf das unter einer SPÖ-Bildungsministerin beschlossene Konzept der Ganztagsschule: „Und dazu stehe ich.“
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