Massengrab von Rechnitz: Jetzt beginnt vielleicht die letzte Suche

Knapp 20 Grabungen wurden bisher rund um den Kreuzstadl durchgeführt, ohne Erfolg.
„Auf qualvolle Art mussten sie sterben. Man wird sie nicht beklagen und nicht begraben.“ (Jeremia 16,4).
Diese Worte aus einem Teil der hebräischen Bibel stehen auf dem Gedenkstein vor dem Kreuzstadl bei Rechnitz. Und vielleicht wird nur wenige Meter davon entfernt gerade das letzte Kapitel dieser grauenvollen Geschichte aufgeschlagen.
Denn jetzt wird wieder nach dem Massengrab der im März 1945 ermordeten ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiter gesucht. Die Grabung steht unter der Federführung des Landes Burgenland, durchgeführt vom Team Archäologie gemeinsam mit der Fachfirma „PannArch“.
Ausgangspunkt der Arbeiten sind die Forschungsergebnisse der Technischen Universität Wien, Institut für Geodäsie und Geoinformation.
Die Differenz der aktuellen Grabung zum Massengrab beträgt laut meiner Einschätzung rund acht Meter.
Anrainer
Im Sommer wurde eine kleine Fläche nahe dem Kreuzstadl mit einer neu entwickelten geophysikalischen Methode untersucht. Diese basiert auf elektromagnetischen Eigenschaften und ermöglicht laut Land „einen dreidimensionalen Blick unter die Erde bis in mehr als drei Meter Tiefe“.
Messungen auf Friedhöfen
Die TU Wien habe im Vorfeld Probemessungen auf jüdischen Friedhöfen in Rechnitz und Kobersdorf vorgenommen, um die Methode auf die Suche nach menschlichen Überresten abzustimmen. Laut Interpretation der Expertinnen und Experten zeigte sich bei den Untersuchungen eine hohe Wahrscheinlichkeit für Funde in etwa 2,5 Metern Tiefe.

Am südlichen Ortsrand von Rechnitz steht der Kreuzstadl als Mahnmal für eines der dunkelsten Kapitel der burgenländischen Geschichte. In der Nacht auf den 25. März 1945 wurden rund 180 ungarische Juden ermordet.
Laut Zeugenaussagen verließ der damalige NSDAP-Ortsgruppenleiter Franz Podezin gegen Mitternacht das nahe gelegene Schloss Batthyány, wo ein Parteifest stattfand, und begab sich mit mehreren Männern zum Kreuzstadl. Dort erschossen sie die Gefangenen und setzten anschließend ihre Feier fort.
Am nächsten Tag mussten 18 überlebende Zwangsarbeiter die Leichen verscharren – auch sie wurden später ermordet. Ihre sterblichen Überreste konnten 1969 gefunden und 1970 auf dem jüdischen Friedhof in Graz bestattet werden. Die Gräber der übrigen Opfer sind bis heute nicht lokalisiert.
Anfang der 1990er-Jahre wurden die zugewachsenen Ruinen mithilfe von Spenden gekauft und saniert. 1993 wurde das Areal im Rahmen eines Festakts der Israelitischen Kultusgemeinde Wien als Mahnmal übergeben. Der als Steinquader gestaltete Gedenkstein vor dem Kreuzstadl Rechnitz wurde 1995 von Karl Prantl anlässlich des 50. Jahrestages des Massakers geschaffen.
Das Land betont, dass die aktuelle Grabung auf Grundlage historischer Quellen, Luftbildern, neuer Hinweise und früherer Georadaruntersuchungen der GeoSphere Austria erfolgt. Die Grabungsfläche umfasst rund 100 Quadratmeter und liegt rund 200 Meter östlich des Kreuzstadls – in einem Bereich, der bisher nicht untersucht wurde.
Gleichzeitig weisen die Verantwortlichen darauf hin, dass es sich um die erste Grabung im Auftrag des Landes Burgenland handelt. Die Arbeiten seien mit dem Bundesdenkmalamt, dem Innenministerium und dem Rabbinat der Israelitischen Kultusgemeinde Wien abgestimmt.

Neue Messmethoden könnten erstmals Hinweise auf das Massengrab liefern.
Das Gelände befinde sich zudem über einer neolithischen Kreisgrabenanlage, weshalb besonders sorgfältig vorgegangen werde. Die aktuelle Grabung soll noch bis Ende der Woche dauern. Über das weitere Vorgehen werde erst nach der Auswertung der Funde entschieden.
Laut den Recherchen von Anrainer Dietmar Lindau könnte das Massengrab aber wieder verfehlt werden. Seiner Einschätzung nach liegen die sterblichen Überreste der jüdischen Zwangsarbeiter etwa acht Meter nördlich des derzeitigen Grabungsfelds.

Laut Lindau könnte das Grab rund acht Meter rechts neben der jüngsten Grabung zu finden sein.
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