Parteitag stößt Personalkarussell an

Parteitag stößt Personalkarussell an
Die Übergabe des Parteivorsitzes von Hans Niessl an Hans Peter Doskozil zieht weitere Wechsel nach sich

Auf offener Bühne trifft die SPÖ nur die ganz großen Entscheidungen. Am Parteitag, dem politischen Hochamt der Sozialdemokratie, wird Hans Peter Doskozil am Samstag in Oberwart zum neuen Parteichef gekürt und sein Mentor Hans Niessl lüftet das lange gehütete Geheimnis, wann er auch das Landeshauptmannbüro  für seinen ehemaligen Büroleiter zu räumen gedenkt – alles andere als ein Termin im ersten Quartal 2019 würde überraschen.

Aber abseits des grellen Scheinwerferlichts wird  derzeit  an weiteren kaum minder wichtigen Personalentscheidungen getüftelt. Manches ist fix, anderes noch im Fluss, denn aus der Erfahrung seiner Jahre im Niessl-Büro weiß der künftige Parteichef Doskozil, dass Personalausauswahl und -tausch die härtesten Disziplinen in der Spitzenpolitik sind.
Erste Änderungen wird es schon beim SPÖ-Bundesparteitag am 11. Oktober geben. Neben Doskozil soll Landesrätin Astrid Eisenkopf ins Bundesparteipräsidium aufrücken und dort den Platz ihrer Regierungskollegin Verena Dunst übernehmen, die derzeit wie Doskozil zur Stellvertreterriege von SPÖ-Chef Christian Kern gehört. Ob der Burgenländer auch  künftig zum radikal verkleinerten Stellvertreterkreis Kerns gehört, ist derzeit noch offen. Dunst wird ebenso aus dem Führungsgremium der Bundes-SPÖ ausscheiden wie Landesrat Norbert Darabos, der aktuell Mitglied des dem Präsidium nachgeordneten Bundesparteivorstandes ist.

Dunst wie Darabos stehen auch im Zentrum weiterer Rochaden, die im Zusammenhang mit Doskozils Kür zum Landeshauptmann „sehr wahrscheinlich“ sind, wie es ein roter Auskenner formuliert. Das Szenario: Tritt Niessl ab, möchte Doskozil gleich drei neue Spieler aufs Feld schicken um dann mit diesem Team rund um seine Person und Eisenkopf  auch in die Landtagswahl 2020 zu gehen, an deren Vorverlegung  derzeit nicht gedacht werde, wie versichert wird. Auch deshalb, weil die Regierung nach der nächsten Wahl von sieben auf fünf Mitglieder verkleinert wird. Die SPÖ müsste die  absolute Mehrheit erreichen, um wieder fünf Regierungssitze besetzen zu können – zwar nicht gänzlich auszuschließen, aber sehr unwahrscheinlich.  Deshalb sollen sich die neuen Landesräte bis 2020 beweisen, einer oder zwei könnten so das Ticket für die nächste Landesregierung lösen. In Stein gemeißelt scheint der reguläre Wahltermin  aber dennoch nicht. Weil die durch diese große Regierungsumbildung ausgelöste Dynamik schwer zu prognostizieren ist – FPÖ und ÖVP könnten damit  unter Zugzwang kommen, um nicht „alt“ auszusehen und der neuen roten Riege das Feld zur Selbstprofilierung überlassen zu müssen.

Dunst kämpft

Während sich für Darabos andere Optionen auftun (sicherer Listenplatz für die EU-Wahl im Frühjahr 2019 oder Volksanwalt), sinnt die wie eh und je umtriebige Dunst darauf, wie sie Doskozil doch noch von ihrer Unverzichtbarkeit über 2020 hinaus überzeugen kann. Dabei wird die 60-Jährige wohl auch darauf verweisen, dass ihr einst tiefschwarzer Heimatbezirk Güssing  bei Landtagswahlen zuletzt mehrheitlich rot votiert hat.
Wer Niessl, Darabos und allenfalls Dunst in der Regierung nachfolgt, ist noch nicht fixiert, wird von verschiedenen Seiten beteuert.  Dass die genannten üblichen Verdächtigen wie Bildungsdirektor Heinz Josef Zitz für Niessl und Gemeindevertreterpräsident Erich Trummer (statt Darabos) dazugehören, ist zwar nicht ausgeschlossen aus heutiger Sicht aber unwahrscheinlich.

Überhaupt wolle Doskozil bei der Suche nach Regierungsmitgliedern ausgetretene Pfade verlassen, lässt sein engstes Umfeld wissen. Die Landesräte sollen nicht mehr in erster Linie für einen Bezirk stehen, sondern die Themen verkörpern, mit denen die SPÖ punkten will – von der Beschäftigung über eine umfassend verstandene (soziale) Sicherheit bis zu Bildung, Naturschutz samt Tourismus sowie Familien und Pflege. Im Idealfall seien auch alle Regionen vertreten, aber Priorität haben markante Köpfe, die für etwas stehen. Denn in Zeiten schwindender Stammwählerschichten und zunehmender Personalisierung aller Bereiche müsse man den mobil gewordenen Wählern ein attraktives Personalpaket anbieten.

Ein ambitionierter Plan, aber man darf gespannt sein, wie die Funktionäre etwa im größten Bezirk Neusiedl am See reagieren würden, wenn nach 18 Jahren mit einem Landeshauptmann aus dem Bezirk künftig „nicht einmal“ mehr ein Landesrat aus der Region in der Regierung säße. Wobei: Das werde nicht passieren, wird kalmiert, Niessls Heimatbezirk werde auch nach dem Abgang des Landeschefs prominent vertreten sein.

Ein anderes Vorhaben Doskozils könnte bei etwaigen  diesbezüglichen Irritationen lindernd wirken. Der künftige SPÖ-Chef und Landeshauptmann will wieder für ein stärkeres Wir-Gefühl in der „sozialdemokratischen Familie“ sorgen – auch durch eine Straffung der  internen Kommunikation, eine „message control light“ gewissermaßen. Seit 2005, als Niessl mit der Eroberung der absoluten Mehrheit auf dem Zenit war, hätten die Zentrifugalkräfte in der Partei stetig zugenommen. Jetzt sollen wieder alle Teilorganisationen und vor allem die Gewerkschaft stärker eingebunden, aber auch  gebunden werden.

Denn der frühere Verteidigungsminister Doskozil ist insoweit roter Traditionalist, als er weiß: Wahlen sind nur zu gewinnen, wenn  man die eigene Truppe erst zu motivieren und dann zu mobilisieren vermag.

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