Der Kampf gegen das Verschwinden der Salzlacken

NATIONALPARKS - HOTSPOTS DER ARTENVIELFALT
Projekte wie „Life Pannonic Salt“ mit Wehranlagen, Renaturierung und Umstellung der Bewirtschaftung sollen gegensteuern.

Im burgenländischen Seewinkel kämpft eine der charakteristischsten Landschaften Mitteleuropas ums Überleben. Die Salzlacken, eigentlich lebensspendende Gewässer, sind schon seit längerer Zeit auf dem Rückzug.  Was bleibt, sind verlandete Senken, in denen kaum noch Leben pulsiert.

In den vergangenen 150 Jahren hat sich die Lackenfläche um 2.300 auf nur noch 1.300 Hektar reduziert, ein Rückgang von 80 Prozent.
„Die sind kaputt, die sind weg, die kann man nicht wiederherstellen“, sagt Bernhard Kohler vom WWF bei einer Exkursion des Vereins Zukunft Region Neusiedler See.

Der Biologe ist seit 40 Jahren im nordburgenländischen Seewinkel aktiv und hat nach eigenen Angaben „sicher zehn bis fünfzehn Lacken“ verschwinden sehen – für immer. Selbst die Lange Lacke, das größte dieser einzigartigen Ökosysteme, zeigt laut Kohler „massive Symptome des Lackensterbens“.

Dass die Salzlacken austrocknen, liegt vor allem am sinkenden Grundwasserspiegel. Die Sodalacken benötigen – übrigens im Gegensatz zum Neusiedler See, der keine Verbindung damit hat – den regelmäßigen Kontakt zum Grundwasser, um sich mit Salz anzureichern und den natürlichen Zyklus zwischen Überschwemmung und Austrocknung zu durchlaufen. Ist der Abstand zwischen Lackenboden und Grundwasser zu groß, entsalzt das Gewässer und verlandet.

2021 wurde in Apetlon versucht, die Moschado-Lacke durch das Einbringen von Salz zu retten. Der Versuch scheiterte allerdings.

++ HANDOUT ++ BURGENLAND: FÜNF TONNEN SALZ FÜR GEFÄHRDETE SEEWINKEL-LACKE

Versuche mit Salzeinbringung, wie hier in Apetlon, scheiterten.

Verantwortlich für das Lackensterben ist nicht nur der Klimawandel, sondern auch der Mensch: Entwässerungsgräben, die früher als Schutz vor Hochwasser dienten, leiten heute jährlich rund 15 Millionen Kubikmeter Wasser aus dem Gebiet ab – das entspricht laut Kohler 40 bis 100 Prozent der jährlichen Grundwasserneubildung.

Auch die Landwirtschaft trägt zur laufenden negativen Entwicklung im Seewinkel bei. Laut Harald Grabenhofer, Leiter der Forschung im Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel, gibt es in der Region rund 5.000 Feldbrunnen. Die zunehmende Bewässerung von Kulturen wie Mais, Erdäpfel oder Soja entzieht den Böden zusätzlich Wasser. Besonders problematisch: Gräben, die direkt an Lacken angeschlossen sind, transportieren Salz aus dem Boden ab – das beschleunigt die Verlandung.

Das EU-geförderte Projekt „Life Pannonic Salt“, mit zwölf Millionen Euro dotiert, will diesem Trend entgegenwirken. Geplant sind unter anderem 15 Wehranlagen, um den Grundwasserstand stabil zu halten. Darüber hinaus werden Szenarien für ein zukunftstaugliches Wassermanagement erarbeitet – etwa trockenheitsresistente Anbauformen oder angepasste Bewässerungssysteme.

Weniger Schilf

Auch im Bereich Renaturierung gibt es Ansätze: Schilf soll zurückgeschnitten, Ölweiden entfernt werden. Besonders effektiv wäre laut Grabenhofer die Beweidung der Flächen. Sie verhindere übermäßigen Pflanzenbewuchs und verbessere durch Trittspuren im Boden den Wasseraustausch.

Doch wirtschaftlich sei das kaum umsetzbar – daher fordert Grabenhofer eine entsprechende Änderung im Fördersystem. Derzeit werden die Flächen gemäht – allerdings erst nach Abschluss der Brutzeit der Vögel. Das schränke flexible Maßnahmen ein.

Wasser aus der Therme?

Während das Projekt „Life Pannonic Salt“ den Erhalt bestehender Lacken ins Visier nimmt, versucht man bei der St. Martins Therme & Lodge in Frauenkirchen, eine bereits verlorene Lacke zurückzubringen. Das überschüssige Thermalwasser, das dem Lackenwasser chemisch relativ ähnlich ist, wird nicht mehr wie üblich in die Kläranlage geleitet, sondern auf eine frühere Lackenfläche verteilt, in der Hoffnung, diese wiederherzustellen. 

Dort wurde ein naturnaher Boden modelliert, sogar Trockenphasen werden simuliert.  Eine echte Wiederbelebung sei das aber nicht, betont Biologin Elke Schmelzer: Der Kontakt zum Grundwasser fehle – ob er je wieder hergestellt werden könne, sei ungewiss.

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