Müll-Deal: "Lottoschein ist nur bis 31. August gültig"

Zwar hat die ÖVP den Verkauf des gemeindeeigenen Müllverbandes an die Landesholding bereits "letztmalig" abgelehnt (ÖVP-Klubchef Bernd Strobl Anfang der Woche), aber SPÖ-LH Hans Peter Doskozil hat eine Frist bis 31. August gesetzt.
Bis dahin will die SPÖ das Angebot landesweit "gut kommunizieren", sagte Klubobmann Roland Fürst am Freitagvormittag in den Räumlichkeiten des roten Landtagsklubs - "bei der Bevölkerung", aber auch bei ÖVP-Bürgermeistern, die "bisher vielleicht noch nicht so gut informiert" seien.
Wie mehrfach berichtet, möchte das Land den BMV übernehmen und im Gegenzug die finanziell angeschlagenen Gemeinden entlasten. 100 Millionen Euro hat Doskozil als Sofortzahlung angekündigt, weitere 250 über einen Zeitraum von zehn Jahren.
Der vom Land beauftragte Gutachter KPMG hatte den BMV mit 60 bis 80 Millionen Euro bewertet, die vom BMV geholten Ernst & Young sehen den Wert bei 165 Millionen Euro (mit eingepreister Tariferhöhung). Würde an ein Privatunternehmen verkauft und u. a. Müll aus anderen Bundesländern deponiert, könnten sogar rund 330 Millionen Euro erlöst werden, so EY.
Sieben SPÖ-Bürgermeister, die zum Teil auch im rot-türkis besetzten BMV-Vorstand sitzen, versammelten sich am Freitag im Landhaus, um noch einmal "an die Vernunft" zu appellieren, denn das von Doskozil auf den Tisch gelegte Angebot sei österreichweit "einmalig", so Fürst, ein "ganz tolles, zukunftsweisendes Paket", ergänzte Städtebund-Vorsitzende Elisabeth Böhm aus Neusiedl am See.
Fürst ist überzeugt, dass die Mehrheit der rund 70 ÖVP-Bürgermeister ohnehin für den Verkauf sei, es liege an "einigen Wenigen" in der ÖVP, die das bisher verhindert hätten. Das Paket sei wie ein "Lottosechser", der von den "bettelarmen" Gemeinden aber bis Ende August eingelöst werden müsse, schlüpfte der Schattendorfer Bürgermeister Thomas Hoffmann in die Rolle der Lottofee.
Aufhorchen ließ der Neutaler Bürgermeister und Präsident des roten Gemeindevertreterverbandes, Erich Trummer, der 97 Mitgliedsgemeinden vertritt: Auch wenn die ÖVP den Deal bis Ende August nicht akzeptiere, bleibe die Hand weiter ausgestreckt.
Wozu dann die Frist, fragte der KURIER? Das 350-Millionen-Paket sei nur bis Ende August gültig, präzisierte Fürst, danach werde das Angebot abgespeckt. Die SPÖ werde auch darauf achten, dass "die ÖVP die Verantwortung" dafür übernehme, wenn es ohne Gemeindepaket zu "Leistungskürzungen, Gebührenerhöhungen und Kündigungen" in den Kommunen komme.
Wolfgang Koller, Bürgermeister in Kemeten und Vorstandsmitglied des BMV, verwies auf das EY-Gutachten: Werde der BMV so weitergeführt wie bisher, sei der Verband in "ein paar Jahren zahlungsunfähig".
Aber im Verband hat die SPÖ seit seiner Gründung 1980 fast immer das Sagen, die Mehrheit der 171 Bürgermeister war und ist rot. Gerade seit der letzten Wahl 2022 hat die SPÖ einen deutlichen Überhang. Warum also, so die Frage des KURIER, hat man seit 22 Jahren auf im Einzelnen moderate Gebührenerhöhungen verzichtet?
Die lange Antwort kurzgefasst: Für Beschlüsse im BMV brauche es eine Zwei-Drittel-Mehrheit, also auch Stimmen der ÖVP.
Eine Zwei-Drittel-Mehrheit bräuchte es auch im Landtag, der den Verkauf des BMV ans Land absegnen müsste. Der rot-grünen Koalition mit ihren 19 Mandate fehlen fünf Stimmen. Weder ÖVP noch FPÖ wollen zustimmen.
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