Melderegister-Abfrage: Polizist vor Gericht
Ein Polizist stand am Donnerstag wegen Amtsmissbrauchs vor Gericht. Wann ist man als Polizist befangen? Muss ein Polizist abgefragte Daten aus dem Melderegister in einem Akt dokumentieren oder nicht? Diese Fragen versuchte das Schöffengericht am Landesgericht Eisenstadt am Donnerstag unter anderem zu klären. Auf der Anklagebank saß ein 52-jähriger Polizeibeamter, der in einer südburgenländischen Gemeinde Dienst versieht. Staatsanwältin Patricia Lendzian wirft dem Beamten Amtsmissbrauch vor, er soll unberechtigterweise Abfragen aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) getätigt haben. Die abgefragten Daten seien in einen offenen Brief, der an 420 Haushalte erging, eingeflossen.
Angelpunkt seien Scheinanmeldung ungarischer Kinder in der Volksschule der Gemeinde. In diesem Fall sei der Angeklagte persönlich betroffen gewesen. Der Sohn des Polizisten habe besagte Volksschule besucht, bei einem Elternabend im September 2011 habe der Direktor die Eltern informiert, dass in dem Schuljahr 2011/2012 25 Kinder aus Ungarn die Volksschule besuchen würden. „Die Stimmung der Eltern war nicht sehr entspannt“, so die Staatsanwältin. Der Beschuldigte sei Sprecher der Gruppe besorgter Eltern, in einem offenen Brief soll er gefordert haben, dass die Schule für österreichische Kinder da sein solle. Einen Tag nach dem Elternabend habe der Polizist Abfragen über die Wohnsitze der Kinder aus Ungarn getätigt.
Der Polizist bestreitet die Vorwürfe und bekennt sich nicht schuldig. „Das Thema Scheinanmeldungen ist ein heißes Eisen. In unserer Gemeinde war das schon 2009 ein Thema, wir sind da gebrandmarkt.“, sagt der Beschuldigte. Einen Tag nach dem Elternabend habe er einen Anruf eines Schuldirektors erhalten, der ihm mitgeteilt habe, dass ungarische Kinder in Pensionen in besagter Gemeinde gemeldet seien. „Ich hatte als Polizist die Information, dass es möglicherweise eine Verwaltungsübertretung gibt. Da musste ich handeln.“ Er habe als Vorgesetzter einen Kollegen mit dem Fall betraut, dieser habe dann die Abfragen durchgeführt. Ein Akt mit den Ergebnissen wurde nicht angelegt, die Abfragen wurden vernichtet. „Das wird in 80 Prozent der Fälle so gehandhabt“, sagt der Beschuldigte. Den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, dass er seine Befangenheit in dem Fall aktenkundig hätte machen müssen, weist der Beschuldigte zurück. „Ich kenne den halben Bezirk. Da dürfte ich mich nur mehr im Büro einsperren.“
Ein Urteil gab es am Donnerstag nicht, die Verhandlung wurde zwecks Befragung mehrerer Zeugen auf Ende Mai vertagt. Auch Landespolizeidirektor Hans-Peter Doskozil wird auf Antrag des Verteidigers als Zeuge geladen.
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