Maurer-Aldrian: „Reibebaum und guter Schmäh“

Susanne Maurer-Aldrian ist Regionalleiterin Süd des SOS Kinderdorfs.
SOS Kinderdorf begleitet Kinder und Jugendliche von 0 bis 21 Jahren und oft auch länger.

Susanne Maurer-Aldrian ist Regionalleiterin Süd des SOS Kinderdorfs. Die Arbeit mit Jugendlichen findet mobil bei der Familie oder stationär in Einrichtungen statt.

KURIER: Das SOS Kinderdorf trägt zwar Kinder im Namen, aber es werden auch Jugendliche betreut. Welche Angebote bieten Sie für Teenager?

Susanne Maurer-Aldrian: Wir betreuen und begleiten Kinder und Jugendliche von 0 bis 21 und oft sind wir auch darüber hinaus Anlaufstellen für sie. Mobil unterstützen wir Jugendliche sehr häufig im Bereich des Schulabschlusses oder bei der Arbeitsplatzsuche. Wir sind aber auch im Jugendstreetwork im öffentlichen Raum unterwegs und versuchen den Jugendlichen dort einen Ankerplatz zu bieten.

Passen Jugendliche ins Bild der Kinderdorffamilie?

Sicher! Ich persönlich bin ja immer begeistert, wie die SOS-Kinderdorfmütter mit den Jugendlichen umgehen, welches Verhältnis sie zueinander haben. Sie kennen sich gut, sie sind sich Reibebaum, haben aber auch einen guten Schmäh miteinander.

Wann kommen Jugendliche ins Kinderdorf?

Es gibt doch sehr häufig Situationen in Familien, wo die Eltern die Erziehungsverantwortung nicht mehr wahrnehmen können. Die Jugendlichen, die zu uns kommen, haben oft schwere Geschichten hinter sich. In der super schwierigen Phase des Erwachsenwerdens und Doch-noch-ein-bisschen-Kind-Seins haben sie keinen Halt und das führt oft zu massiven Konflikten.

Wie läuft die Betreuung ab?

Es gibt kein „Jetzt bist du da und jetzt läuft das so ab und es ist alles gut“. Es ist ganz wichtig, dass man auch in einer Unterbringung immer mit der gesamten Familie arbeitet, die Freunde, die Schule, die Lebenswelt miteinbezieht. Manchmal gibt es psychiatrische und therapeutische Unterstützung. Das Team der Betreuer setzt sich aus verschiedenen Bereichen zusammen und ist so unterschiedlich wie möglich: Frauen, Männer, frisch von der Uni bis kurz vor der Pension.

Ist es schwer, Mitarbeiter für diese Aufgabe zu finden, was müssen sie mitbringen?

Sie müssen psychosozial ausgebildet sein und sollten meiner Meinung nach, schon auch Erfahrung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe haben. Man muss sich vorstellen können, so eine Gruppe von schon sehr verletzten Kindern, eine Lebensphase sehr eng zu begleiten.

Wird es in der Jugendbetreuung Einsparungen von Seiten des Bundes und Landes geben?

Die Kinder und Jugendhilfe ist in der Umsetzung Landessache. Viele Einsparungen betreffen die Kinder und Jugendlichen aber sicher. Familienbeihilfen, Einsparungen bei AMS-Projekte oder wenn die Mindestsicherung an den Pflichtschulabschluss gebunden wird, haben sicher viele Jugendliche eine gravierende Schlechterstellung. Sorge macht mir auch der Umgang mit dem Thema Gesundheit. Ich hoffe, dass es hier, gerade im Bereich der psychischen Gesundheit, nicht auch zu Einsparungen kommt. Österreich ist diesbezüglich sowieso sehr schlecht aufgestellt. Man darf nicht ausblenden, dass all diese Maßnahmen Folgewirkungen haben.

Welche Folgewirkungen meinen Sie?

Eine schlechte psychosoziale Versorgung oder ein Anwachsen von armutsgefährdeten Familien hat Auswirkungen auf die Biografien von Kindern, und zwar schlechte. Die direkten Auswirkungen auf die Menschen und vor allem auf die, die ihre Situation noch gar nicht beeinflussen können – die Kinder und Jugendlichen– muss man im Blick behalten.

Wo könnte es noch mehr Angebote geben, um Jugendliche zu unterstützen?

Man muss in die Lebenswelt der Familien und Jugendlichen investieren – in Prävention, Schule, mobile Arbeit, aber auch in den therapeutischen und jugendpsychiatrischen Bereich.

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