Warum sich Glühwürmchen immer seltener finden können

Jede Glühwürmchen-Art kommuniziert auf seine Weise.
Sie saß auf einem Grashalm, blinkte geduldig und hoffnungsvoll. Ihr Leuchtsignal – biologisch effizienter als jede LED – funkelte im Takt ihrer Art. Doch das Männchen, irgendwo in der Nähe, flog orientierungslos durch das gleißende Licht der Straßenlaternen. Zwei Glühwürmchen, füreinander bestimmt – und doch getrennt durch die Strahlkraft menschlicher Unachtsamkeit.
Was wie ein trauriges Sommermärchen klingt, ist bittere Realität für viele Insekten in Mitteleuropa. Zum UNESCO-„Tag des Lichts“ am 16. Mai machen unter anderem die Grünen und der Naturschutzbund auf eine oft übersehene Folge unseres modernen Lebens aufmerksam: die Lichtverschmutzung.
Licht ist Leben – manchmal zu viel davon
Ob LED, Neonröhre oder Halogen: Künstliches Licht hat unsere Welt erleuchtet – buchstäblich. Doch mit zunehmender Intensität und Verfügbarkeit kommt auch ein Schatten: Dauerbeleuchtete Gärten, grelle Werbeflächen, leuchtende Einfahrten und falsch ausgerichtete Straßenbeleuchtung wirken sich nachweislich auf unsere Gesundheit und auf die Natur aus. Die Folge: gestörter Schlaf, verwirrte Tiere – und bei Glühwürmchen ein echtes Partnerproblem.
Denn Leuchtkäfer (eigentlich Käfer, keine Würmer) kommunizieren durch Licht. Weibchen setzen sich auf erhöhtes Gras oder Äste und senden blinkende Signale. Männchen antworten aus der Luft. Bei zu viel Fremdlicht bleibt diese stille Lichtkonversation allerdings ungehört.
Warum Glühwürmchen (fast) unsichtbar werden
In Österreich heimisch sind drei Arten: der Kleine, der Große und der Kurzflügel-Leuchtkäfer. Ihre Leuchtkraft ist beeindruckend effizient – bis zu 95 Prozent der eingesetzten Energie wird in Licht umgewandelt. Zum Vergleich: selbst die sparsamste LED schafft das nicht. Doch was nützt das, wenn dieser Lichtschein im Schein von Außenstrahlern, Gartenlampen oder Schaufensterreklamen untergeht?
Die Glühwürmchen können sich nicht finden – und ohne Paarung bleibt der Nachwuchs aus. Auch Lebensräume werden durch Lichtbarrieren zerschnitten: Einige Insekten werden vom Licht angezogen, andere (wie die Leuchtkäfer) eher abgeschreckt.
Burgenland: Wo Schutz besonders nötig ist
Gerade im Burgenland – mit seinen vielen Natura-2000-Gebieten, Auwäldern und Feuchtwiesen – ist die nächtliche Ruhe für viele Arten essenziell. "Genau deshalb ist Rücksicht gefragt", sagt der grüne Abgeordnete Wolfgang Spitzmüller. Doch auch im Burgenland breiten sich Lichtquellen immer weiter aus. In der Landesplanung sind daher Maßnahmen zur Reduktion der Lichtverschmutzung vorgesehen, etwa im Regierungsprogramm festgehaltene Arbeitsgruppen zum Schutz der Nachtlandschaft.
Nicht immer braucht es gesetzliche Vorschriften – oft reicht etwas Rücksichtnahme:
- Bewegungssensor statt Dauerlicht: Im Garten oder der Einfahrt reicht es, wenn Licht nur dann angeht, wenn es gebraucht wird.
- Dunkle Stunden einplanen: Gartenbeleuchtung nachts abschalten – Glühwürmchen sind zwischen 22 und 24 Uhr besonders aktiv.
- Lebensräume schaffen: Weniger mähen, Schnittgut liegen lassen, Trockenmauern oder Asthaufen errichten – das bietet Rückzugsorte für Weibchen und Larven.
- Kein Schneckengift einsetzen: Die Larven der Leuchtkäfer fressen Schnecken – wer sie unterstützt, bekommt natürliche Schädlingsbekämpfung gratis.
- Lichtquellen abschirmen: Licht nach unten richten, warmweiße Leuchtmittel verwenden, Streuung vermeiden.
Der „Tag des Lichts“ soll uns daran erinnern, wie sehr wir auf Licht angewiesen sind – und wie wichtig ein bewusster Umgang damit ist. Für unseren Schlaf. Für unsere Umwelt. Und für die leisen, blinkenden Liebesgeschichten der Glühwürmchen, die nur dann ein Happy End haben, wenn wir die Nacht nicht zum Tag machen.
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