Die Tonbandaufnahmen haben ein wochenlanges Kinderleid aufgezeichnet. Ein siebenjähriger Bub, beschimpft, erniedrigt und drangsaliert von seiner Mutter (36), die die Misshandlungen zuletzt im Prozess gegen sie unter Tränen gestand.
Währende die Frau für das „Quälen und Vernachlässigen unmündiger und wehrloser Personen“ straffrei mit einer Diversion davonkam, werden nun die 29-jährige Stiefmutter und der Vater (34) des Buben strafrechtlich verfolgt. Am Donnerstag mussten sie sich im Landesgericht Eisenstadt wegen illegaler Tonbandaufnahmen verantworten. Wie die jetzige Lebensgefährtin des Kindesvaters schilderte, hatte sie keinen anderen Ausweg mehr gesehen, als ein Tonbandgerät heimlich im Stofftier des Buben einzunähen.
Seit Jahren tobt zwischen der Mutter und dem Kindsvater, einem Polizisten, ein erbitterter Sorgerechtsstreit. Im Sommer 2020 hatte der Beamte wegen „diverser psychischer Auffälligkeiten“ der Mutter das alleinige Sorgerecht beantragt und war damit abgeblitzt. „Ich kenne den Kleinen seit er dreieinhalb Jahre alt ist. Immer wenn er bei uns war, ging es um den Tod, Selbstmord, vor den Zug schmeißen und solche Dinge“, sagte die Stiefmutter am Donnerstag vor Gericht aus.
Weil die Familie geahnt habe, dass im Leben des Kindes etwas vor sich gehen muss, sei sie auf die Idee mit dem Tonband gekommen. Ihr Mann habe zunächst nichts von der Aktion gewusst, beteuerte sie.
Erst als sie die ersten Aufnahmen abspielte und dabei das Martyrium hörbar wurde, habe sie den Vater alarmiert. „Es war zu hören, wie der Bub tagelang weint und schreit. Es war dramatisch“, schilderte die 29-Jährige.
Aufnahmen ignoriert
Ob er als Polizist nicht gewusst habe, dass solche versteckten Mitschnitte nicht erlaubt sind, wollte die Richterin wissen. „Ich hatte nicht das Strafgesetzbuch im Kopf sondern die Hoffnung, dass endlich was geschieht“. Deshalb schickte er die Transkripte dem Jugendamt.
Trotz der Hinweise auf Kindeswohlgefährdung hatten Pflegschaftsgericht und Jugendamt die für sie „illegalen“ Aufnahmen ignoriert. Aktiv wurde die Behörde erst, als sich die Staatsanwaltschaft Eisenstadt einschaltete. Die 36-jährige Mutter muss auf gerichtliche Weisung Elternberatung und Psychotherapie in Anspruch nehmen. Als sie erfuhr, dass ihre Hasstiraden gegen das Kind aufgezeichnet wurden, „hat es mir den Boden unter den Füßen weggezogen“.
„Weil alle erfahren haben, wie sie mit ihrem Sohn umgegangen sind, oder weil sie abgehört wurden?“, fragte die Anwältin des Vaters, Martina Hackl. „Das Abhören war der Gipfel“, entgegnete die Mutter darauf.
Dass der Bub nach kurzer Unterbringung im SOS-Kinderdorf wieder bei ihr lebt, ist für Martina Hackl der „größte Skandal“. Im Zuge eines Gutachtens auf "neutralem Boden" sei festgestellt worden, dass das Kind bei der Mutter gut aufgehoben sei. "Die Gutachterin kannte aber die mitgeschnittenen Tonbandaufnahmen nicht und konnte daher auch nicht darauf eingehen", prangern Vater und Stiefmutter die Vorgangsweise der Behörde an.
Was die Aufnahmen anbelangt, sieht die Rechtsanwältin den Tatbestand erst gar nicht erfüllt. „Ein entschuldigender Notstand ist vorgelegen. Es war nötig um das Leben des Buben zu schützen“.
Auch Anwältin abgehört
Die Verteidigerin der Kindsmutter, Kristina Unger, gab im Verfahren zu bedenken, dass auch höchst private Gespräche ihrer Mandantin mit ihren Eltern und anderen Personen mit dem Tonbandgerät abgehört wurden. Es handle sich daher um einen Eingriff in den höchstpersönlichen Lebensbereich. Laut Unger wurden auch Gespräche zwischen ihr und ihrer Mandantin mitgeschnitten.
Der Prozess wurde auf August vertagt. Eine Zeugin war aus gesundheitlichen Gründen am Donnerstag nicht erschienen.
Kommentare