Kinderleid aufgezeichnet: Wanze in Teddybär bringt Mutter vor Gericht

Unterstützungsbedarf für desorientierte Kinder und Jugendliche sowie Familien wächst
Im Vorjahr wurden in Österreich 13.500 Ehen geschieden. Die Leidtragenden sind oft die Kinder. Fast 42.000 Minderjährige stehen wegen mangelnder Erziehung oder dem Unvermögen der Eltern unter der Obhut der Kinder- und Jugendhilfe. In knapp 13.000 Fällen (im Jahr 2021) wurden die Kinder den Familien abgenommen und Erziehung und Obsorge zur Gänze vom Staat übernommen.
Dass es in Sorgerechtsfällen auch zu schwerem Behörden- und Justizversagen kommen kann, macht ein aktueller Fall aus dem Burgenland deutlich. Es sind stundenlange Tonbandmitschnitte, die unter die Haut gehen. Darauf zu hören, wie eine Mutter ihren siebenjährigen Sohn immer wieder wüst beschimpft, drangsaliert, erniedrigt oder in der Badewanne ins Wasser drückt, während das Kind die Mama anfleht, doch bitte damit aufzuhören. Eine Gutachterin attestiert der 35-jährigen Kindsmutter einen „psychotischen Waschzwang“ – der KURIER berichtete erstmals im März darüber.
Weil die Aufnahmen allerdings im Geheimen und damit nach Meinung der Behörde illegal angefertigt wurden, negierten das zuständige Pflegschaftsgericht und die Kinder- und Jugendwohlfahrt Eisenstadt längste Zeit den brisanten Inhalt.
Die neue Partnerin des Vaters steht ihrem Lebensgefährten im Obsorgestreit zur Seite. Aus der Verzweiflung heraus nähte sie ein Aufnahmegerät im Teddybären des Siebenjährigen ein, schildert sie dem KURIER.
"Kleines Arschloch"
Obwohl die Aufnahmen Abscheuliches zutage brachten, schmetterte das Bezirksgericht den Antrag des Vaters auf das alleinige Sorgerecht ab. Den Richter interessierten die Aufnahmen bisher nicht im Geringsten. Er erkannte auch keinen Grund, weshalb der Bub nicht bei der Mutter bleiben sollte. Hätte das Gericht die Mitschnitte gewürdigt, wäre dem Richter nicht verborgen geblieben, dass die Mutter den Siebenjährigen öfter „kleines Arschloch“ als bei seinem Namen nennt. „Ich erlebe das mittlerweile in sehr vielen Fällen. In Obsorgeverfahren sollte es allein darum gehen, bei welchem Teil das Kind besser aufgehoben ist. In Österreich wird aber der Kindsmutter fast immer der Vorzug gegeben, auch wenn sie dem Kind schadet. Väter müssen vor Gericht oft jahrelang kämpfen, um sich zu beweisen“, erklärt Martina Hackl. Die Wiener Rechtsanwältin ist auf Familien- und Obsorgerecht spezialisiert, sie vertritt in dem Fall seit fast drei Jahren den Vater.
Die Juristin hat die Erfahrung gemacht, dass kindeswohlgefährdendes Verhalten durch Väter sofort zum Verlust des Kontaktrechts führt. „Im Gegensatz sind die Kinder bei Müttern demselben Verhalten oft jahrelang ausgesetzt“, sagt Hackl.

Rechtsanwältin Martina Hackl vertritt den Vater in dem Obsorgeverfahren
Nach drei Jahren zeichnet sich in der verfahrenen Causa nun erstmals eine Wende ab. Die Anwältin hat mit einer Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Eisenstadt einen Durchbruch erzielt. Im Gegensatz zum Bezirksgericht interessierten sich Polizei und Staatsanwalt brennend für die Tonbänder.
Eine Ermittlerin der Polizei nahm sich stundenlang Zeit, um die Mitschnitte auszuwerten. Auf Basis dieser Ergebnisse, Zeugenbefragungen und weiterer Umfelderhebungen ist es nun zur Anklage gegen die Mutter gekommen.
Die 35-Jährige muss sich im Juni am Landesgericht Eisenstadt wegen des Quälens und Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen nach Paragraf 92 Abs. 1 StGB verantworten. Wie es im Strafantrag heißt, hat sie ihrem Sohn durch verbale Bedrohungen, Beschimpfungen und sonstige Erniedrigungen seelische Qualen zugefügt. Der Strafrahmen beträgt bis zu drei Jahre Haft.
Bub im SOS-Kinderdorf
Auch das Landesgericht Eisenstadt hat als höhere Instanz mittlerweile die Entscheidung des Bezirksrichters aufgehoben und entschieden, dass die Tonbandaufnahmen im Obsorgeverfahren gewürdigt werden müssen.
Wer glaubt, dass das Kind nun in den Armen seines Vaters den Frieden gefunden hat, irrt. Die zuständige Kinder- und Jugendwohlfahrt Eisenstadt hat den Siebenjährigen zwar der Mutter wegen „Gefahr im Verzug“ abgenommen, das Kind allerdings in ein SOS-Kinderdorf gesteckt.
Die Abhöraktion mit dem Teddybär hat nämlich auch für den Vater und seine neue Lebensgefährtin ein gerichtliches Nachspiel. Beide müssen sich wegen der illegalen Aufnahmen demnächst in einem Prozess verantworten. Die Tonbänder zeigen abgesehen vom bedenklichen Umgang mit dem Kind noch weitere Absurditäten: Auf den Mitschnitten ist zu hören, wie die Kindsmutter von einem Bekannten Ratschläge einholt, wie sie ihren Ex-Mann (ein Beamter im öffentlichen Dienst) am besten dienstrechtlich „ans Messer liefern könne“.
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