Kein G‘schäft? Kein Problem: So bringt Verein Nahversorgung in Ort
„Mit einem 08/15-Angebot kommt man als Greißler nicht weit. Aber wenn man die Leute anspricht, dann funktioniert es. Auch in einer kleinen Gemeinde.“ Bernhard Deutsch ist ÖVP-Bürgermeister der 1.000 Einwohner zählenden Gemeinde Strem. 2012 startete er als Obmann das Projekt „Unser G‘schäft“: die Führung eines Nahversorgers in Vereinsform.
Mittlerweile hat sich das Projekt bewährt. Das Konzept wurde bereits in vielen Gemeinden ohne Nahversorgung präsentiert und auch umgesetzt – mit gemischtem Erfolg. Einige Nachfolgeprojekte sind gescheitert , andere wiederum sind ein Erfolg. Die Mehrheit der österreichischen Dorfbewohner wünscht sich mehr selbstständige Unternehmen im eigenen Dorf. Diese sorgen für Arbeitsplätze, Nahversorgung und machen ein Dorf „lebendig“, geht aus dem zweiten ADEG Dorfleben-Report hervor, der in Kooperation mit dem Österreichischen Gemeindebund erstellt und kürzlich in Wien präsentiert wurde. Rund 1.000 Personen in Gemeinden mit maximal 5.000 Einwohnern wurden befragt.
Kundenkontakt
In Strem gibt es fünf Mitarbeiterinnen, „allesamt Frauen“, wie Deutsch extra betont. „Sie sind das Wichtigste im G‘schäft, kennen alle Kunden persönlich und tratschen auch viel mit ihnen, wie es so schön heißt.“ Schließlich heißt es ja nicht umsonst, beim Reden kommen Leit‘ zamm. Dem wurde auch in Strem Rechnung getragen. „Wir haben bewusst eine Kaffeeecke errichtet, damit sich die Menschen hinsetzen und miteinander reden“, sagt Deutsch. Bestätigt wird er durch den Dorfleben-Report. Für 77 Prozent der Befragten ist der örtliche Nahversorger auch ein sozialer Treffpunkt, eine Art zweiter Dorfplatz. „Nahversorgung ist unverzichtbar für ein lebendiges Dorf“, betont Gemeindebund Präsident Alfred Riedl (ÖVP).
Doch in rund 70 burgenländischen Gemeinden, die meisten davon im Süden, gibt es keinen Nahversorger mehr. Dort liegt auch Stuben, ein Ortsteil der Gemeinde Bernstein. 2013 wurde der Verein Dorfladen gegründet, um die Nahversorgung zu übernehmen. Auch hier fungiert die Greißlerei als gut besuchter Treffpunkt. Die früher für die Dorferneuerung zuständige und heutige Landtagspräsidentin Verena Dunst verweist auf die „in Österreich einmalige Landesrichtlinie zur Förderung von Nahversorgungs- und Buschenschankbetrieben“. Bis 2020 stünden dafür 1,7 Millionen Euro bereit: „Es sind noch Fördermittel da“, sagt Dunst.
Auch in Strem wird „Unser G‘schäft“ unterstützt. „Als Gemeinde haben wir die Postpartnerschaft abgegeben. Das G‘schäft erhält so 1.000 Euro Provision, die Gemeinkosten sind gedeckt und die Kundenfrequenz ist höher“, sagt Deutsch als ehrenamtlicher Geschäftsführer. Auch die regionalen Produzenten profitieren. 30 Direktvermarkter verkaufen ihre Produkte im „G‘schäft“, sogar Hauszustellung zu alten oder nicht mobilen Menschen befindet sich im Angebot. Das Konzept ließe sich schon auf andere Gemeinden umlegen, meint Deutsch, aber: „Man braucht Menschen, die dahinter stehen und sich engagieren. Dann funktioniert es.“
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