Kein Geld für Baujuwel
Landeskonservator Peter Adam bleibt nur noch Galgenhumor: „Historische Gebäude sind vogelfrei“, sagt der fürs Burgenland zuständige Experte des Bundesdenkmalamts angesichts des Verschwindens eines „fast einzigartigen Ensembles im Burgenland“. In Pöttelsdorf nahe Mattersburg wird am wohl prominentesten Platz des Dorfes an der Ecke Hauptplatz/Hauptstraße das sogenannte „Jakobhaus“ dem Erdboden gleichgemacht. Rund zwei Wochen sollen die Abrissarbeiten noch dauern.
Das seit längerer Zeit leer stehende Eckhaus, das laut Adam aus dem frühen 19. Jahrhundert stammt (in der Gemeinde hält man Mitte des Jahrhunderts für plausibler), sei ein bedeutendes Zeugnis traditioneller bäuerlicher Architektur und fürs ganze Burgenland wertvoll.
Auf dem rund 2.000 Quadratmeter großen Areal, das die Gemeinde schon vor Jahren angekauft hat, soll ein „multifunktionales Gemeindezentrum“ mit einer bebauten Fläche von 350 entstehen.
Die Kostenfrage
Neben einem kleinen Veranstaltungssaal mit rund 120 sollen auch ein Café und ein Geschäft für regionale Produkte Platz finden. Kommenden Februar soll der vom Wiener Architekturbüro AllesWirdGut/VIA geplante Neubau begonnen, im Spätherbst 2021 fertig werden – rechtzeitig zum 750-Jahr-Jubiläum von Pöttelsdorf.
Warum das neue Gemeindezentrum nicht im alten Jakobhaus entsteht, wie es die Architekten von „AllesWirdGut“ zunächst angeblich auch vorgeschlagen haben, ist von offizieller Seite nicht zu erfahren. Am Freitag war der Pöttelsdorfer Bürgermeister Rainer Schuber (ÖVP) auf Urlaub und ebenso wenig zu erreichen wie sein SPÖ-Vize Manuel Bauer oder die Amtsleiterin. Auch ein von „AllesWirdGut“ versprochener Rückruf ist ausgeblieben.
So weit zu erfahren, waren die veranschlagten 1,7 Millionen Euro für eine Revitalisierung des Jakobhauses aus Sicht der Gemeinde zu hoch. Der Neubau schlägt mit 1,2 Millionen Euro zu Buche.
Das sei kurzsichtig, meint nicht nur Landeskonservator Adam, sondern auch Kunstgeschichtlerin Sabrina Hanny und Architekt Stefan Tenhalter, Präsident von Docomomo, einer internationalen Vereinigung für den Erhalt von Bauwerken. So verweist Hanny in einem Schreiben an Bürgermeister Schuber darauf, dass der Kindergarten in Pöttelsdorf ein Beispiel „für eine Symbiose aus historischen Stadelstrukturen und qualitätsvoller moderner Architektur“ sei – also warum nicht auch beim Jakobhaus? Es sei eine „Frage des Wollens“, sagt Adam mit Blick auf Förderungen.
So kann das Land etwa aus dem Titel der Dorferneuerung mit Hilfe der EU bis zu 50 Prozent der förderbaren Kosten übernehmen. Das klinge nur auf den ersten Blick gut, heißt es von Projektverantwortlichen der Gemeinde, aber nur „ein Bruchteil“ der Kosten werde am Ende tatsächlich gefördert, beim Jakobhaus wären es vielleicht 30.000 bis 50.000 Euro gewesen.
Adam wollte kommende Woche von Wien nach Pöttelsdorf kommen, um mit dem Ortschef über eine mögliche Schutzwürdigkeit des Jakobhauses zu sprechen. Wie viel dann noch davon steht, bleibt abzuwarten.
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