Hausarzt im Weihnachtsdienst: "Karge Kost" und Weihnachtskekse

Gemeindearzt Michael Schriefl und Ordinationsgehilfin Sandra Pfeiffer
Fiebernde Kinder und üppiges Essen sind häufigste Gründe für den Einsatz.

Arbeiten, wenn andere feiern, ist für Michael Schriefl beinahe Alltag. Seit bald 29 Jahren ist der Allgemeinmediziner Gemeindearzt in der burgenländischen Festspielgemeinde Mörbisch am See. Allein zu Silvester hat er an die 15 Mal die medizinische Grundversorgung der Region übernommen. Heuer sind es die Weihnachtsfeiertage, an denen Schriefl die Bevölkerung von sechs Sprengelgemeinden am Westufer des Neusiedler Sees betreut. "Solange unsere Kinder klein waren, habe ich lieber den Silvesterdienst übernommen", erzählt der bald 60-Jährige, "jetzt sind sie in einem Alter, wo sie alleine feiern".

Für Schriefl gibt’s heuer wenig Zeit zum Feiern: Der Dienst beginnt am Heiligen Abend um 12 Uhr Mittag und endet am Stefanitag um sieben Uhr Früh. Welche "Bescherung" ihn in diesen 43 Stunden erwartet, lässt sich nur zum Teil vorhersagen.

Schlaganfall am Heiligen Abend

Noch heute ist Schriefl betroffen, wenn er an eine Schlaganfall-Patientin an einem 24. Dezember zurückdenkt: "Das war ganz bitter". Die ältere Dame wurde mit dem Notarztwagen ins Eisenstädter Spital gebracht, verstarb wenig später aber. Ebenso in Erinnerung ist ihm der Erfrierungstod einer Frau, die im Hof gestürzt sein dürfte und am nächsten Tag "ein Eisblock" war.

Aber meist seien es gottlob "banale Fälle, Kinder bekommen Fieber", weiß der erfahrene Mediziner um Konstanten rund um die Feiertage. So sicher wie das Amen im Gebet sind auch die Schäden, die "durch die karge pannonische Kost" zutage treten, ironisiert Schriefl die üppige Festtagskost. Magen und Galle machen sich nach dem feierlichen Schmausen regelmäßig schmerzhaft bemerkbar. Schriefl rechnet mit mindestens "zehn bis 15 Patienten" während seines Weihnachtsdienstes.

Manchmal sei es den Leuten fast "peinlich, dass sie zu den Feiertagen krank werden. Sie rühren sich deshalb erst, wenn es wirklich dringend ist", erzählt der Arzt aus Mörbisch. Er komme in festlich geschmückte Häuser und müsse die Patienten erst trösten, bevor er sich deren Wehwehchen widmet. Als Dankeschön bekommt der "Herr Doktor" dann mitunter eine Flasche Wein oder Kekse vom Weihnachtstisch mit auf den Heimweg.

Keine Nachtdienste

In dieser Form wird es den Weihnachtsdienst für Burgenlands Hausärzte übrigens künftig nicht mehr geben: Ab 6. Jänner 2018 werden Wochenend- und Feiertagsdienste neu geregelt, erklärt Schriefl, der auch Vizepräsident der Ärztekammer und Kurienobmann der niedergelassenen Mediziner ist. Die wichtigste Änderung: Es gibt keine Nachtdienste mehr. Der Arzt versieht von 7 bis 21 Uhr Dienst, ab 19 Uhr kann über die Nummer 141 auch ein "Telefonarzt" kontaktiert werden, der eine erste Diagnose stellt und die Patienten berät. Wenn nötig, kann dann bis 21 Uhr noch der diensthabende Mediziner der Region eingreifen oder die Landessicherheitszentrale schickt einen Rettungswagen. Nach 21 Uhr gibt‘s dann nur mehr den Telefonarzt oder das Spital. Die Leistung des Handy-Doktors werde vom Notruf Niederösterreich zugekauft, wo sich das System bewährt habe, erläutert Schriefl.

Mittelfristig möchte die Kammer auch unter der Woche die Nachtdienste abschaffen, denn dagegen hätten Jungmediziner die größte Reserve. Weil aber in den kommenden zehn Jahren 100 der 142 Allgemeinmediziner in Pension gehen, müsse man die Landarztpraxis attraktivieren, ist Schriefl überzeugt. Er weiß es nur zu gut: Seine Tochter wurde zwar auch Medizinerin, aber keine Landärztin. Schriefl: "Sie ist Augenärztin geworden".

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