Gründerinnen sind auf dem Vormarsch
"Für mich war es der richtige Schritt", sagt Helga Schranz aus Oberwart. Sie hat sich mit ihrem "Turnsaal", einem Fitnessstudio nur für Frauen, selbstständig gemacht. Sie ist eine von 1793 Unternehmern, die 2017 im Burgenland starteten.
Einfach war der Weg hin zur Selbstständigkeit für Schranz nicht. Trotz akribischer Vorbereitung und Beratungen, gab es doch auch immer wieder Überraschungen für die studierte Publizistin. "Ich denke, dass es bei der Gründung allen Jungunternehmern gleich geht. Behördengänge und Auflagen waren zu Beginn das Schwierigste für mich", sagt Schranz.
Auch nach einem Jahr sei das Tagesgeschäft nicht so problematisch, wie das Organisatorische. "Man muss sich mit vielen Dingen herumschlagen, die mit der Geschäftsidee rein gar nichts zu tun haben", sagt die Unternehmerin.
Geschäftsidee
"Der Weg in die Selbstständigkeit ist kein Spaziergang", heißt es vom Gründerservice der Wirtschaftskammer. Der Wunsch, der eigene Chef zu sein, oder sich die Zeit frei einzuteilen, sei oft ein Anreiz für Gründer. Viele Unternehmer würden schon bei der Geschäftsidee scheitern oder aber beim nötigen Kapital. Auch fehlende wirtschaftliche Kenntnisse führten oft dazu, dass die Ideen verworfen werden, bevor eine Firma entstehen kann. Die Wirtschaftskammer hilft mit ihren Gründerworkshops, die regelmäßig stattfinden. Das ganze Jahr können sich angehende Unternehmer in den Kammern beraten lassen.
"Ich wollte mit meinem Unternehmen unbedingt einen Mehrwert für meine Heimat schaffen", sagt Schranz. Was bei den Neugründungen auffällt, dass immer mehr Frauen den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Fast 70 Prozent der burgenländischen Gründer im Jahr 2017 sind Frauen. Die meisten Firmen sind im Bezirk Neusiedl am See entstanden, gefolgt von Eisenstadt und Oberwart. Schlusslicht sind Jennersdorf und Oberpullendorf bei der Gründungsintensität.
Das Burgenland als Standort sei kein leichtes Pflaster, weiß auch Schranz: "Fakt ist: Oberwart ist nicht Wien. Das Einzugsgebiet ist überschaubar." Trotzdem wollte sie etwas in ihrer Heimat machen. "Ich habe sehr lange in Wien gelebt und bin froh, jetzt wieder hier zu sein", sagt Schranz.
Das Unternehmerbild hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Eine Start-Up-Szene hat sich auch im Burgenland entwickelt. Vor allem Handwerker gründen Betriebe. Rar sind jene Firmen, die vom Fleck weg mehrere Mitarbeiter beschäftigen. Die Wirtschaftskammer (WK) versucht bei der Gründung zu helfen. Nachfolger für bestehende Betriebe zu finden, wird aber immer wichtiger.
KURIER: Ist der Drang zum Unternehmertum zuletzt stärker geworden?
Harald Schermann: Der Zug zur Selbständigkeit als eigener Unternehmer, als eigene Unternehmerin, ist stärker geworden. Einerseits sind neue Geschäftsfelder entstanden, Stichwort " Digitalisierung". Andererseits kann man in keinem anderen Bereich so einfach Hobby oder Leidenschaft zum Beruf machen. Und auch das ist für viele Gründer ein Antrieb.
Hat sich das klassische Unternehmerbild gewandelt? Ja, der klassische Handwerksbetrieb, der vom Fleck weg mit 20 Mitarbeitern auf der grünen Wiese startet, ist sicher die Ausnahme. Heute wird in der Regel als Ein-Personen-Unternehmen begonnen, oft auch mit anderen selbstständigen Partnern, als Unternehmensgemeinschaft. Läuft das Geschäft erfolgreich, denkt man über Mitarbeiter oder Lehrlinge nach.
Wie können Gründer unterstützt werden?
In der Wirtschaftskammer versuchen wir, angehenden Gründern frühzeitig zu helfen. Das beginnt bei der Suche nach der passenden Geschäftsidee, bei den rechtlichen Voraussetzungen, beim betriebswirtschaftlichen Know-How und endet bei der erfolgreichen Gründung. Ein Bereich, der immer wichtiger wird, ist die Betriebsnachfolge. Viele Unternehmer suchen einen Nachfolger, derzeit rechnen wir mit einem Viertel der Betriebe, die in nächster Zeit vor einer Übergabe stehen. Hier die Interessenten zusammenzubringen, ist ebenfalls eine unserer wichtigsten Aufgaben.
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