Geldbuße soll Vorstrafe ablösen

Eberau war einer der Hauptschauplätze von Scheinanmeldungen, 43 ungarische Kinder waren gemeldet, ohne im Ort zu wohnen
Anwalt Werner Dax will Diversion für Bürgermeister, Oberster Gerichtshof soll entscheiden

Wer zu früh kommt, den bestraft die Justiz – könnte sich der frühere Agrarlandesrat Werner Falb-Meixner dieser Tage denken. Falb war der erste und prominenteste Politiker, der 2010 nach Scheinanmeldungen ausländischer Schüler wegen Amtsmissbrauchs nach § 302, StGB zu sieben Monaten bedingt verurteilt wurde und 2011 als ÖVP-Landesrat abtrat.

Stünde Falb erst jetzt vor Gericht, hätte er die Chance, ohne Vorstrafe davonzukommen – und wäre vielleicht noch im Amt. Seit 1. Jänner 2014 besteht die Möglichkeit, „minderschwere Fälle des Missbrauchs der Amtsgewalt“ mittels Diversion, etwa mit Geldbuße zu erledigen.

Scheinanmeldungen ungarischer oder slowakischer Kinder waren im vergangenen Jahrzehnt im Burgenland „gängige Praxis“. Zweck der illegalen Übung war meist die Rettung der örtlichen Schule, das Pflichtschulgesetz sah für Hauptschulen 90 Schüler als Untergrenze vor (heute bei Neuen Mittelschulen 80), für Volksschulen 10 Kinder.

10 verurteilte PolitikerAls Zurndorfer Bürgermeister hatte Falb 2006 und 2008 die Scheinanmeldung von vier Schülern (österreichische Staatsbürger, die nach Scheidung der Eltern in Ungarn wohnten) verantwortet, um die Hauptschule zu halten, für ihn damals ein „entschuldbarer Notstand“.

Die anonymen Anzeigen gediehen in einem vergifteten landespolitischen Klima, in dem Rot und Schwarz einander nichts schuldig blieben. Die politische Großwetterlage hat sich mittlerweile ebenso verbessert wie der Umgang mit dem Melderegister, zu groß ist die Furcht in den Gemeindestuben.

Aber die „Altlasten“ sind längst nicht erledigt. Seit Falbs Abschied stehen Bürgermeister im Landesgericht Eisenstadt Schlange, vertreten meist von Anwalt Werner Dax. Neun weitere schwarze und rote amtierende oder ehemalige Ortschefs sowie fürs Meldewesen zuständige Gemeindebedienstete und vereinzelt auch Schulleiter wurden in den vergangenen Jahren meist zu Geldstrafen verurteilt – in Summe wohl gut und gerne 20 Personen.

Unter den Verurteilten ist auch der frühere Güssinger Bezirkshauptmann Johann Grandits, dem vorgeworfen wurde, 2009 einem Verdacht auf 40 Scheinmeldungen nicht nachgegangen zu sein. Gestern, Mittwoch, wurde in der Berufungsverhandlung am Oberlandesgericht Wien die Geldstrafe für den nunmehrigen BH-Vize von Oberwart von 15.300 Euro auf 12.600 Euro reduziert.

Neun Verfahren sind in Eisenstadt noch anhängig, drei allein im Februar (siehe Zusatzbericht). Dax fordert nun vehement die Anwendung des neuen Rechtsmittels: „Welcher Fall sollte denn sonst eine Diversion indizieren“?

Nach der jüngst erfolgten Verurteilung des Volksschuldirektors der 280-Einwohner-Ortschaft Siget/Wart im Südburgenland zu 6250 Euro (der KURIER hat berichtet) wird Dax nach Ausfertigung des Urteils „wegen Nichtanwendung der Diversion“ Nichtigkeit anmelden und erwartet vom Obersten Gerichtshof „noch heuer“ eine Grundsatzentscheidung für ausstehende Causen.
Die Geldbuße bliebe seinen Mandanten auch im Falle der Diversion nicht erspart, aber sie wären dann ohne Vorstrafe.

„Ich und meine Behörde bekennen uns zur Diversion“, versichert der neue Leiter der Staatsanwaltschaft Eisenstadt. Aber, so Johann Fuchs einschränkend, „der Gesetzgeber wollte nur die leichtesten der leichten Fälle für die Diversion zugänglich machen“. Im Klartext sind beide Seiten uneins, ob Scheinmeldungen „minderschwere Fälle“ des Amtsmissbrauchs sind, der OGH könnte Klarheit bringen.

Und was sagt Falb-Meixner dazu? Der Ex-Politiker sieht zwar die Gefahr der „Zwei-Klassen-Gesellschaft“, aber: „Ich freu‘ mich für die anderen.“

Neun Fälle von Scheinanmeldungen sind am Landesgericht Eisenstadt noch anhängig. Am 6. Februar stehen der Amtmann und die VS-Direktorin aus Markt Neuhodis wegen zweier Fälle vor Gericht. Am 17. Februar müssen sich der Klingenbacher Bürgermeister und drei weitere Angeklagte wegen 23 Scheinanmeldungen verantworten. Am 24. und 25. Februar wird der im Oktober vertagte Prozess gegen sieben Personen aus Rechnitz – darunter der Bürgermeister – fortgesetzt.

Zu Wallern und Pamhagen gibt‘s Anklagen, aber noch keinen Prozesstermin. Zu Nickelsdorf, Dt. Jahrndorf und Deutschkreutz (LBL-Präsident Bürgermeister Manfred Kölly) fehlen noch die Abschlussberichte.

Seit zwei Jahren wird gegen SPÖ-Landtagspräsident Gerhard Steier wegen vermuteter Scheinmeldungen aus seiner Zeit als Siegendorfer Ortschef ermittelt. Der Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft ist „noch in Bearbeitung“, sagt Sprecherin Magdalena Wehofer.

Kommentare