"Geld ist nicht mein einziger Antrieb"

Landesholding-Chef Hans Peter Rucker sieht Weisungen des Eigentümers nur als letztes Mittel
Der neue Chef der Landesholding über Leichen im Keller, Weisungen und seine Motorsäge.

KURIER:Angesichts Ihrer Macht ist Ihr Büro sehr karg.

Hans Peter Rucker: Fast spartanisch. Im Ernst: Ich bin nicht mächtig, nur Geschäftsführer einer Gesellschaft, die zu 100 Prozent dem Land gehört. Eine wichtige, aber auch verantwortungsvolle Position, nicht nur eine Würde, sondern auch Bürde.

Die Landesholding verwaltet die Landesbeteiligungen, deren Bilanzsummme weit über dem Landesbudget von 1,1 Milliarden Euro liegt. Wie viele exakt?

95 Beteiligungen sind in der Holding. Bei rund 70 weiteren evaluieren wir, ob und wie sie eingegliedert werden, darunter die Krankenanstaltengesellschaft, das Regionalmanagement oder die Fachhochschule. Die Bilanzsumme in der Holding liegt bei mehr als zwei Milliarden Euro, die Mitarbeiterzahl könnte bis auf 4000 steigen.

Das überrascht, es hieß, alle Beteiligungen würden integriert?

Die Steigerung der Effizienz gilt für alle Unternehmen, insofern gibt es eine faktische Einbindung. Wie die gesellschaftsrechtliche Integration aussieht, prüfen wir noch. Da geht es etwa ums Steuerrecht, da könnte die Einbindung für manches Unternehmen schädlich sein.

Apropos schädlich: Haben Sie bei den vielen Beteiligungen schon eine Leiche im Keller gefunden?

Nein, aber wie in allen Unternehmen gibt es Optimierungsmöglichkeiten. Im Finanzierungsbereich haben wir schon in den ersten Tagen damit begonnen.

Der Landesrechnungshof legt bald einen Prüfbericht vor, der unangenehm werden könnte. Vor gut zehn Jahren hat die Holding dem Land wichtige Beteiligungen um 225 Millionen Euro abgekauft. Das Geld wurde über Anleihen aufgebracht, der bisher fixe Zinssatz ist ab heuer variabel. Was kommt auf die Holding und aufs Land zu?

Wenn sich aus dem Bericht ein Handlungsbedarf ergibt, werden wir dem nachkommen. Grundsätzlich trifft diese Zinsbelastung natürlich die Holding. Die Entscheidung zwischen fixem und variablem Zinssatz ist immer sehr schwierig. Man braucht einen Mix, um das Risiko auszutarieren, das versuchen wir sicherzustellen.

Innerhalb der Holding sollen die Unternehmen in Säulen gebündelt werden, von Energie über Immobilien bis zu Gesundheit. Sind die Säulen-Chefs fix?

Es gibt die einzelnen Dachgesellschaften und deren Chefs leiten die Säulen.

Die Energiesäule wird Energie-Burgenland-Vorstand Gerbavsits leiten, die Wirtschaft die Chefs von Wibug oder RMB, die Immobilien Belig-Boss Fellner?

Zum Beispiel.

Und Sie sind der Über-Geschäftsführer, Boss der Bosse?

Nein, ich bin nicht der, der in alle Geschäftsbereiche eingreift und den einzelnen Geschäftsführern Verantwortung wegnimmt. Die Holding soll zentrale Dienste für alle Unternehmen übernehmen, die gemeinsam besser und kostengünstiger erbracht werden können.

Im rot-blauen Regierungspakt steht, die Gesellschaften werden von der Landesholding "gesteuert und koordiniert". Erlaubt die Konzernstruktur der Politik direkten Zugriff auf die Unternehmen?

Jeder Eigentümer hat den Anspruch, dass sein Vermögen so verwaltet wird, dass der Wert erhalten und vermehrt wird. Die Politik in Gestalt der Landesregierung ist Eigentümervertreter in der Holding. Und jeder Eigentümer muss sich an Gesetze halten. Im GmbH-Gesetz und im Aktiengesetz sind die Rollen von Geschäftsführern und Eigentümern klar definiert. Mir ist ein Eigentümer recht, der eine Strategie vorgibt.

Eine Strategie könnte sein, in Holding-Firmen bevorzugt Burgenländer zu beschäftigen?

Wir sind nur ein kleiner Teil des Arbeitsmarktes. Aber dass viele Burgenländer in Unternehmen vor Ort einen Arbeitsplatz finden, ist wohl Wunsch jedes Burgenländers, da muss man gar nicht Geschäftsführer der Landesholding sein.

Können Sie zum Telefon greifen und einem Geschäftsführer eine Weisung erteilen?

Nein. Auch die Politik nicht, nur die jeweilige Eigentümerversammlung.

Letztlich also doch die Politik, denn Eigentümervertreter in der Holding ist eben die Landesregierung.

Das halte ich für eine theoretische Diskussion. Es ist nicht so, dass jeden Tag wer daherkommt und eine Weisung erteilt. Das ist nur die äußerste Möglichkeit.

Aktiengesellschaften werden in GmbH‘s umgewandelt, um besser durchgreifen zu können?

Die Energie Burgenland hat eine Sonderstellung, sie bleibt eine AG. Aber auch in einer AG kann der Eigentümer über die dortigen Organe Einfluss nehmen. In eine GmbH kann sich die Holding aber noch mehr einbringen. Dass jemand ohne Rücksicht auf Eigentümer agieren kann, gibt es in keiner Rechtsform, das wäre ja komisch.

Auch die Kurbad AG Bad Tatzmannsdorf wird eine GmbH?

Das ist der aktuelle Wunsch des Eigentümers.

Wird Alleinvorstand Leonhard Schneemann damit entmachtet?

Davon kann keine Rede sein. Er wird Geschäftsführer und bleibt gesamthaft für die Kurbad verantwortlich.

Aber ihm wird der Säulenverantwortliche vorgesetzt, darüber stehen dann noch Sie.

Es gibt nur einen neuen Eigentümer und eine andere Rechtsform. Kompetenzen und Verantwortung werden in keinster Weise eingeschränkt.

Proporz-Doppelbesetzungen sollen aufhören, sagen Rot und Blau: Muss jetzt in der Fachhochschule der Schwarze gehen und der Rote darf bleiben?

Mit dieser Frage habe ich mich noch nicht auseinandergesetzt. Grundsätzlich kann ich aber sagen, dass es absoluter Wille des Eigentümers ist, dass wir die besten Leute brauchen, die Qualifikation zählt.

Sie glauben dem Eigentümer, dass nicht politisch besetzt wird?

Ja, das glaube ich.

Sie sollen aus einem SPÖ-Haus kommen...

Ich habe mich noch nie irgendwo politisch engagiert. Ich bin mit 48 Jahren in einem Alter, wo ich noch einmal etwas Neues machen wollte. Dafür habe ich auch eine Definitivstellung in der Erste Bank gegen einen befristeten Fünf-Jahres-Vertrag getauscht.

Sie verdienen weniger als der Landeshauptmann, aber damit auch weniger als mancher Unternehmensboss, der Ihnen untergeben ist. Kein Problem?

Nein (lacht herzhaft). Geld ist nicht mein einziger Antrieb.

Sie haben kein Rückkehrrecht in die Bank, gehen also schon davon aus, dass Ihr Vertrag 2020 verlängert wird?

Es wäre schade, wenn es nicht so wäre. Nach den ersten Wochen kriege ich aber sehr viel extrem positives Feedback. Und wenn‘s doch nicht sein soll: Ich habe zu Hause sechs Hektar Wald. Dann schnappe ich mir meine Motorsäge und schneide ein paar Bäume um. Dazu komme ich jetzt ohnehin nicht.

Seit Anfang des Jahres ist der Jennersdorfer Hans Peter Rucker Geschäftsführer der Burgenländischen Landesholding. Mit einer Bilanzsumme von mehr als zwei Milliarden Euro verwaltet der 48-Jährige das doppelte Landesbudget. Nach dem Jus- und Betriebswirtschafts-Studium an der Grazer Uni begann er seine Karriere in der Erste Bank, zuletzt war er Vertriebsdirektor für Burgenland, NÖ- und Wien-Süd.

Beim Rennen um den Chefposten in der Landesholding hat sich der Südburgenländer gegen neun Konkurrenten durchgesetzt. Rucker ist verheiratet und hat eine sechsjährige Tochter. Zudem ist er ehrenamtlicher Obmann eines Pflegeheims mit 70 Mitarbeitern und 110 betreuten Menschen.

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