Friedliche Mission im Asylheim

Präventiv gegen Gewalt arbeiten: Anthony (2.v.l.) und Imad schildern den Experten Pahr (r.), Pertl (Mitte), Grohotolsky (l.) ihre Eindrücke im Rahmen des Pilotprojekts
Pilotprojekt soll das gewaltfreie Zusammenleben verschiedener Kulturen ermöglichen.

Es war das Spiel mit einem kleinen Ball, der die Welt für Anthony veränderte. In der Gruppe sollten die Flüchtlinge einander den Ball zuwerfen. Nicht immer wurde er gefangen. "Das war das Schlüsselerlebnis", sagt Anthony. Während sich die Männer vorher höchstens mit Fäusten nähergekommen waren, begann man jetzt miteinander zu sprechen. Lange hat sich Anthony nach dem Sinn des Spiels gefragt – bis es ihm dämmerte.

Vor sieben Monaten ist Anthony nach der Flucht aus seiner Heimat Nigeria im südburgenländischen Aschau gelandet. Das Zusammenleben mit 20 Asylwerber war von Anfang an alles andere als einfach. Die Männer mit sieben verschiedenen Religionen, unterschiedlichen Kulturen und unterschiedlicher Herkunft sorgten immer wieder für Zündstoff im Quartier und außerhalb davon. Oft wurde bis in die späten Nachtstunden hinein laut Musik gespielt. Die Polizei musste manchmal anrücken. So kann es nicht weitergehen, hieß es bald in der Gemeinde. Der Startschuss für ein Pilotprojekt fiel.

Friedensexperten

Zwei Experten im Bereich der Friedensbildung kommen zum Einsatz. Die gebürtige Schwedin Lisa Pertl hat u.a. eine Ausbildung zur diplomierten Mediatorin absolviert. Bei Circle4 arbeitet sie als selbstständige Expertin im Bereich der Gewaltprävention. Eine Koryphäe ist auch Klaus Pahr. Er ist als Trainer und Coach unter anderem für UNO, Nasa und Pentagon im Einsatz.

Was die beiden international tätigen Experten jetzt in der 400-Seelen-Ortschaft Aschau zu tun haben? "Wir wollen ein friedliches Zusammenleben mit Hilfe von Gewaltpräventionstrainings realisieren."

"Wichtig ist es zunächst für Ruhe im Quartier zu sorgen. Dann wird es auch nach außen hin entspannter", sagt Pertl. Es brauche Regeln, an die sich alle halten. Eine vorgeschriebene Hausordnung hilft da wenig. "Die Bewohner müssten lernen, Selbstverantwortung zu tragen und sich selbst eine Struktur zu geben", erklärt Pahr. Die Asylwerber wählen einen Gruppensprecher, die Regeln werden definiert. "Wenn sich einer nicht daran hält gibt es eine Verwarnung. Beim nächsten Mal muss er zehn Euro Strafe zahlen", schildert Anthony.

Wie er ist auch sein Mitbewohner Imad vom Projekt begeistert. "Das Zusammenleben ist um 80 bis 90 Prozent besser geworden", sagt der irakische Christ.

Finanziert wird der Gewaltpräventionskurs von der Gemeinde. "Das Projekt ist wichtig, weil es zur Integration beiträgt", erklärt der neue Ortschef Hans Unger (ÖVP). Noch nicht alles sei "eitel Wonne", doch vieles habe sich verbessert. Das Projekt soll weitergehen, sagt der Bürgermeister.

Polizeibeteiligung

Pertl und Pahr hoffen nun, dass ihr Modell österreichweit Schule macht.

Noch einen Schritt weiter will Gerlinde Grohotolsky von der Plattform Bleiberecht gehen. "Wir wollen auch die Polizei in die Gewaltpräventionsarbeit mit den Asylwerbern einbeziehen." Ein Projekt in Güssing ist geplant. Dort komme es in der letzten Zeit unter den Asylwerbern immer wieder zu Gewalttaten unter Alkoholeinfluss, sagt Bezirkspolizeichef Ewald Dragosits. "Die Polizei will natürlich zur Verbesserung der Situation beitragen." Das Projekt will man sich bei der Polizei nun genauer anschauen.

Kommentare