Freie Fahrt in Nickelsdorf, aber nur in der Nacht
Menschenansammlung meiden, Abstand halten, häufig Händewaschen. All die Vorsichtsmaßnahmen waren am Mittwoch angesichts der Situation an der österreichisch-ungarischen Grenze auf der Ostautobahn A4 bei Nickelsdorf Makulatur. Denn am Nachmittag staute sich infolge der von Ungarn verhängten Grenzschließung für nicht-ungarische Staatsbürger die Lkw-Kolonne 55 Kilometer zurück, bei den Pkw gab die Polizei eine Gesamtlänge von 22 Kilometern an.
Insgesamt also circa 3.500 Lastwagen und 5.500 Pkw – in Summe saßen weit mehr als 10.000 Personen bei Nickelsdorf fest, darunter zahlreiche Kinder und alte Menschen.
Weder vor noch zurück
Ähnliche Szenen hatten sich bereits am Dienstag abgespielt. Die kurzzeitige Öffnung der Grenze in der Nacht auf Mittwoch hat allerdings nicht richtig funktioniert, nur wenige der festsitzenden Reisenden konnten weiterfahren. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Menschen aus Rumänien, Bulgarien, Serbien oder der Ukraine, die über Ungarn nach Hause wollen.
Als sie nicht durchkamen und die Stimmung zunehmend gereizter wurde, reagierten sie wie schon am Vortag mit Sitzblockaden und quergestellten Autos, wodurch auch der Verkehr in Richtung Wien zum Erliegen kam. Auf ungarischer Seite bildete sich ein Rückstau von 12 Kilometern.
„Es geht nicht vor, es geht nicht zurück. Ich wohne in Wien, aber jetzt sitze ich hier fest“, klagte einer der gestrandeten Reisenden im Ö1 Mittagsjournal. Wie schon am Dienstag rückte abermals das Rote Kreuz aus, um die Wartenden mit Wasser und Essen zu versorgen.
Diplomatische Lösung
Erst gegen Mittag wurde der Grenzübergang für Rumänen, Serben und Bulgaren geöffnet. Allerdings so wie am Vortag nur bis Donnerstag um 5 Uhr früh. Dann sollen sich die ungarischen Grenzbalken wieder schließen. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) steht deshalb in engem Kontakt mit seinem ungarischen Amtskollegen Sandor Pinter, um „an menschlichen Lösungen zu arbeiten und den betroffen Menschen die Heimreise zu ermöglichen“.
In den Gesprächen gehe es auch darum, dass der für die kommenden Tage geltende Korridor von 21 bis 5 Uhr früh nach Möglichkeit ausgedehnt wird. Auch für jene Menschen, die in die Ukraine wollen und nicht nach Ungarn einreisen dürfen, werde eine Lösung gesucht.
Lage kann sich wiederholen
Verhindern lässt sich eine derartige Situation an der Grenze bei Nickelsdorf derzeit nicht, heißt es von der Polizei. Wenn Ungarn also wieder dicht macht, ist neuerliches Chaos vorprogrammiert. Information sei in dieser Situation das wichtigste, heißt es dazu von der Polizei. „Alles in allem haben sich die Menschen angesichts dieser Lage bewundernswert ruhig verhalten.“
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