Wie die Praxis von der Forschung Burgenland profitiert

Wenn von „anwendungsorientierter Forschung“ die Rede ist, bleibt es oft abstrakt. Nicht so im Burgenland. Dort sind Hochschule und Forschung Burgenland ein eingespieltes Team, das Innovationen mit direktem Nutzen für Bevölkerung, Unternehmen und die gesamte Region entwickelt. Das Ziel: Die Forschung bleibt nicht nur im Elfenbeinturm der Wissenschaft – sie zieht in Gebäude, Gemeinden, Klassenzimmer und damit in die Praxis ein.
„Unser Ziel ist es, dass Forschung wirkt“, sagt Marcus Keding, Geschäftsführer der Forschung Burgenland. Er und Gerda Füricht-Fiegl, Vizerektorin für Forschung und Innovation an der Hochschule Burgenland, verantworten gemeinsam eine Vielzahl an Projekten in ihren Häusern, die sich nah an realen Problemstellungen orientieren.
Hochschule Burgenland
8.400 Studierende in 70 Studien- und Lehrgängen, 1.000 Beschäftigte.
Forschung Burgenland
ist ein Tochterunternehmen der Hochschule Burgenland, Geschäftsführer ist Marcus Keding.
Informationen zu beiden Institutionen finden Sie unter forschung.hochschule-burgenland.at
115 laufende Forschungs- und Beratungsprojekte sind derzeit aktuell – von der Gebäudetechnik in Pinkafeld über Wasserversorgung im Seewinkel bis zur sozialverträglichen Energiewende rund um Eisenstadt.
Leuchtturm mit Strahlkraft
Ein Beispiel mit direkter Wirkung: In Eisenstadt und 15 umliegenden Gemeinden wird derzeit ein umfassendes Pilotprojekt zur Wärmewende umgesetzt. Gemeinsam mit Kommunen und Partnern arbeiten Hochschule und Forschung daran, Energiegemeinschaften aufzubauen – ein Thema, das angesichts steigender Energiepreise immer dringlicher wird.
„Wir versuchen, Lösungen zu finden, die auch gegen Energiearmut wirken“, so Keding.

Studiengänge profitieren von Erkenntnissen aus Projekten, gleichzeitig sind viele Forschende auch als Lehrende tätig.
Auch im Wasserprojekt Green Sentry rund um den Neusiedler See wird an praxistauglichen Strategien gearbeitet – etwa, wie man in Trockenzeiten eine faire Wasserverteilung zwischen Landwirtschaft und anderen Nutzungen sicherstellt. Die Forschung liefert nicht nur Zahlen, sondern entscheidungsrelevante Grundlagen.
Ein weiteres Feld, in dem die burgenländische Forschung Pionierarbeit leistet, ist die Gebäudetechnik. Am Campus Pinkafeld stehen mit dem Energetikum und dem Lowergetikum zwei Modellgebäude, die im Alltag getestet werden – von den Forschenden selbst.
Synergien überall
„Manchmal wird es im Sommer im Büro auch 28 Grad heiß. Dann wissen wir: Das Konzept funktioniert noch nicht – und dann lernen wir daraus“, erzählt Keding. So entsteht Wissen durch Erleben, nicht durch Theorie.
Der neue Green Campus Pinkafeld, derzeit in Planung (der KURIER berichtete), soll Energieeffizienz und Kreislaufwirtschaft konsequent weiterdenken. Das Ziel: ein Vorzeigecampus, der nicht nur für die Lehre zur Verfügung steht, sondern auch zeigt, wie zukunftsfähiges Bauen und Wirtschaften funktionieren kann.
Ein besonderer Vorteil der engen Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Forschung Burgenland liegt in der forschungsgeleiteten Lehre: Erkenntnisse aus Projekten fließen direkt in die Studiengänge ein – praxisnah und aktuell. Gleichzeitig engagieren sich viele Forscherinnen und Forscher auch als Lehrende.

Im Energetikum in Pinkafeld wird an der Gebäudetechnik der Zukunft geforscht – mit zum Teil durchschlagendem Erfolg.
Und: Die Verbindung von Forschung, Lehre und regionalen Unternehmen ist auch ein Motor für Standortentwicklung. In Pinkafeld etwa hat sich rund um den Forschungsschwerpunkt Gebäudetechnik bereits ein kleiner Cluster gebildet und einige bekannte Unternehmen haben sich angesiedelt, um von der Nähe zur Forschung unmittelbar zu profitieren. „Kurze Wege, persönlicher Austausch – das ist Regionalentwicklung, wie wir sie verstehen“, sagt Keding.
Forschung fordert
Doch trotz des Erfolgs fehlt es an etwas Essenziellem: einer Basisfinanzierung. Im Gegensatz zu Universitäten müssen Fachhochschulen wie die Hochschule Burgenland jeden Euro in der Forschung selbst erarbeiten. Für Füricht-Fiegl ein klarer Nachteil: „Wir sind in der Forschung sehr erfolgreich, aber es kostet uns viel – und das sollte sich ändern.“
Mehr Sichtbarkeit, so die Hoffnung der Verantwortlichen, könnte politischen Druck erzeugen. Dass das alles derart erfolgreich funktioniert, liegt nicht zuletzt an der ungewöhnlich engen und pragmatischen Zusammenarbeit der beiden Führungskräfte.
„Wir kennen unsere jeweiligen Spielräume und kommunizieren offen“, so Füricht-Fiegl. „Forschung im Burgenland ist ein gemeinsames Ziel – und das eint uns.“ Was in anderen Institutionen formale Hürden sind, wird hier mit kurzen Wegen gelöst – manchmal im Ping-Pong-Stil, wie Keding lächelnd ergänzt.
Auch die weichen Faktoren stimmen: Team-Events, Papa-Monat, flexible Arbeitszeiten – es sind auch die Rahmenbedingungen, die Forschung attraktiv machen. Und sie sind für Keding und Füricht-Fiegl ein Signal, dass Innovation auch in der Organisationskultur beginnt.
Nachzuhören im Podcast
Intensiver in die Thematik eintauchen kann man mit dem Podcast der Hochschule Burgenland: In der neuen Folge am 25. Juni kommen Marcus Keding und Gerda Füricht-Fiegl ausführlich zu Wort.
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