EU verurteilt Ungarns Bodengesetz
Der fruchtbare ungarische Boden lockte jahrzehntelang ausländische Agrar-Investoren an. Zumindest bis 2014. Dann hieß es von Viktor Orbans Regierung: "ungarisches Land in ungarische Hand". Der Kauf von Agrarflächen war damals schon kaum möglich, doch über sogenannte Nießbrauchverträge bewirtschafteten viele Landwirte aus Ostösterreich und Deutschland die ungarischen Ackerflächen. Mit dem neuen Gesetz wurden die Verträge der Landwirte ungültig – ohne Entschädigung.
Mehrere Betroffene klagten beim Europäischen Gerichtshof (EuGH). Der stellte am Dienstag fest: Ungarn darf Ausländern nicht ohne Weiteres die Nutzungsrechte an landwirtschaftlichen Flächen absprechen. Die nationalen Vorschriften seien mit dem Grundsatz des freien Kapitalverkehrs der EU nicht vereinbar, die Regelung stelle eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar.
Für Burgenlands Landwirtschaftskammerpräsident Franz Stefan Hautzinger, "ist es eine Entscheidung im Sinne des Rechtsstaates". Denn als die Verträge geschlossen wurden, war das gültiges Recht. "Wenn jetzt EU-Bürger in einem EU-Land investieren oder Projekte umsetzen wollen, müssen sie auf die Rechtssicherheit vertrauen können", sagt Hautzinger.
Klage
Landwirt Hannes Mosonyi aus dem Bezirk Neusiedl am See ist einer von rund 20 Bauern, die das Verfahren am Europäischen Gerichtshof anstrebten. Auch er hatte wie viele Burgenländer, Steirer und Niederösterreicher mit Grundbesitzern aus Ungarn Nießbrauchsverträge abgeschlossen. Dabei wird die Nutzung der Flächen abgetreten, auf eine bestimmte Zeit oder bis ans Lebensende. Bezahlt wird alles beim Abschluss, im Gegensatz zu Pachtverträgen, die jährlich bedient werden. Diese Nießnutzverträge waren gängig, und vor 2014 beliebt, um in Ungarn Landwirtschaft zu betreiben. Mit dem Grund- und Bodengesetz wurden die Verträge aus dem Grundbuch gelöscht, wenn zwischen Eigentümer und Nutzer kein enges Verwandtschaftsverhältnis bestand.
Keine Entschädigung
Mosonyi verlor seine Investition in rund 1000 Hektar Ackerflächen – ohne Entschädigung. "Wir wurden mit unserem Nießnutzrecht aus dem Grundbuch gestrichen", sagt der Landwirt. Wie viele Bauern von dem Gesetz betroffen waren, ist unklar. Nach Schätzungen geht man von etwa 200 Österreichern aus, darunter waren viele, die ein Haus mit Garten im Nießnutzrecht gekauft hatten. Für die Kleingarten- und Hausbesitzer gab es allerdings eine Sonderregelung, sie durften ihren Besitz bis zu einem Hektar behalten. Auch einige Landwirte haben sich mit den ungarischen Grundbesitzern geeinigt und neue Pachtverträge abgeschlossen.
Aber es gab auch Härtefälle, wie bei Mosonyi. Der ungarische Grundbesitzer, mit dem er die Nutzungsrechte vereinbart hatte, befolgte das Gesetz und nahm sich seine Ackerflächen zurück. Die bezahlte Summe für die Nutzung der Fläche, musste der Ungar nicht zurückzahlen.
Wie es jetzt weiter geht, ist noch unklar. "Der Ball liegt nun bei der ungarischen Regierung, wie das Urteil des EuGH jetzt befolgt wird", sagt Mosonyi. Das Urteil des EU Gerichtshofs lässt noch einen großen juristischen Spielraum offen. Entschädigungen oder gar die Rückgabe der Flächen an die Enteigneten wurden darin nicht behandelt. "Darüber müssen die ungarischen Gerichte entscheiden", heißt es von Juristen.
Mosonyi glaubt, dass Ungarn den Vorgaben der EU nachkommen werde. Er hofft, dass er seine bezahlten Nutzungsrechte schlussendlich zurückbekommt.
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