Gärtner wegen Mordes angeklagt
Ich habe mit dem Kommissar gewettet, dass sie den Mörder meiner Cousine nicht finden werden.“ Am Montag, als der Prozess gegen den 43-jährigen Mustafa Y. am Landesgericht Eisenstadt startete, saß die Cousine des Opfers als Prozessbeobachterin in der ersten Reihe. Sieben Jahre nach der schrecklichen Gewalttat an der Pensionistin Gertrude Rathour muss sich Y. wegen Mordes vor dem Geschworenensenat (Vorsitz: Richterin Karin Knöchl) verantworten.
Der Angeklagte habe im Jahre 2005 Gartenarbeiten im Haus der Pensionistin in Pöttsching durchgeführt, erfahren die Geschworenen von Staatsanwältin Petra Schweifer. Die 73-Jährige hätte sich als „wohlhabend und reich“ dargestellt. Im Juli 2006, als sich Mustafa Y. in finanziellen Nöten befunden habe, soll er zum Haus der Frau gefahren sein. Auf der Terrasse sei es zu einem Streit gekommen, der 43-Jährige soll die Pensionistin ins Haus gedrängt haben. Im Vorzimmer wurde ihr mit einem Messer in den Rücken und in den Bauch gestochen. „Als das Opfer am Boden lag, wurde ihm der Kopf überstreckt und die Kehle durchgeschnitten.“ Mit Gertrude Rathours Geldbörse und Armbanduhr soll der mutmaßliche Täter das Haus verlassen haben. Die Schwester der 73-Jährigen, Helga Jaretz, fand die Frau in einer Blutlache liegend (siehe Interview).
Falsches Alibi
„Der Angeklagte wurde damals schon verdächtigt“, sagte Schweifer. Doch Y. habe drei seiner Verwandten überredet, ihm ein falsches Alibi zu geben. Außerdem habe der objektive Beweis gefehlt. „Und den kann ich Ihnen jetzt liefern.“ DNA-Spuren an der Leiche hätten Mustafa Y. überführt. Diese Spuren konnte man erst im Vorjahr mittels neuer Untersuchungsmethoden auswerten.
Der Angeklagte bekennt sich nicht schuldig. Für seine Verteidigerin, Banu Kurtulan, ist die Beweislage „alles andere als eindeutig“.
Die Vorsitzende hakt nach: „Wie erklären Sie sich die DNA-Spur am Opfer?“ Mustafa Y.: „Wenn jemand einen anderen ermordet, muss es einen Grund geben. Für mich gab es keinen Grund.“
Auch Y.’s Verteidigerin sieht kein Motiv für die Tat. Sie bezieht sich dabei auf das Gutachten des Kriminalpsychologen Thomas Müller, nach dessen Ansicht es sich um ein Beziehungs- und nicht um ein Vermögensdelikt handle. „Es gibt auch keinen Beweis, dass mein Mandant der Täter ist“, so Kurtulan. Bei der DNA-Probe sei lediglich das Y-Chromosom extrahiert worden. „Da gibt es mehrere Personen, die dieselben Spuren hinterlassen haben könnten.“
DNA-Expertin Christa Nussbaumer erläuterte die angewandte Methode der Analyse. „Y-spezifische Profile ermöglichen keine eindeutige Zuordnung“, erklärte die Sachverständige. 48 Vergleichsproben von anderen Personen sind zur Verfügung gestanden, bis auf jene des Angeklagten habe keine Probe zu dem sichergestellten DNA-Profil gepasst. Die Gutachterin räumte aber ein, dass Y-spezifische Profile wie bei Mustafa Y. bei anderen Menschen nicht auszuschließen seien.
Am Dienstag ist neben Zeugen auch Gerichtspsychiater Reinhard Haller am Wort.
KURIER: Frau Jaretz, warum sind Sie am Tag des Verbrechens ins Haus Ihrer Schwester gekommen und dafür eigens von Wien nach Pöttsching gefahren?
Mag. Helga Jaretz: Meine Schwester und ich hatten immer schon ein sehr intensives Verhältnis. Weil ich in Wien wohne und sie alleine in dem Haus lebte, haben wir mehrmals pro Tag telefoniert. Ich habe an jenem 30. Juli 2006 in der Früh mit ihr telefoniert, danach konnte ich sie nicht mehr erreichen. Ich hatte den Verdacht, dass sie vielleicht gesundheitliche Probleme haben könnte. Gegen Abend habe ich mich mit meiner Tochter Angela auf den Weg nach Pöttsching gemacht.
Wie haben Sie Ihre Schwester vorgefunden?
Sie lag im Vorzimmer, neben dem Telefon in einer Blutlache. Ich dachte zunächst, es war ein Unfall. Dass ihr die Kehle durchtrennt worden war, hatte ich nicht bemerkt. Die Wunde war geschlossen. Erst der Notarzt sagte mir, dass sie getötet worden war. Ich hatte Angst und dachte mir, ich werde die nächste sein, die der Täter umbringt.
Wie haben Sie den Vorfall verarbeitet?
Ich hatte lange Zeit danach Schlafprobleme und ich konnte kein Messer angreifen. Und ich konnte das Bild, wie ich meine Schwester vorfand, nicht vergessen. Ich war drei Jahre lang in psychotherapeutischer Behandlung.
Wie geht es Ihnen heute?
Als ich die Zeugenladung bekam, war ich schon sehr nervös. Aber heute (beim Prozess, Anm.) bin ich ruhig. Ich wäre froh, wenn die Sache nach sieben Jahren zu einem Abschluss kommen würde.
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