Eisenstadt: „Die kleinste Großstadt der Welt“
Thomas Steiner ist nicht nur ÖVP-Landeschef, sondern auch Bürgermeister der Landeshauptstadt, wo er seit 2011 mit absoluter Mehrheit regiert. Vor dem traditionellen Neujahrsempfang Donnerstagabend sprach Steiner mit dem KURIER über die neue Dachmarke der Stadt, die Grenzen des Wachstums von Eisenstadt und über die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl im nächsten Jahr.
KURIER: Eisenstadt versteht sich als „kleinste Großstadt der Welt“ – ist das nur ein Slogan?
Thomas Steiner: Wir haben uns Gedanken gemacht, wie wir die Stadt positionieren und eine Marke entwickeln. Rund 20 Persönlichkeiten aus der Verwaltung und anderen Institutionen waren im Vorjahr eingebunden. Die Besonderheit, dass Eisenstadt trotz Urbanität und Einrichtungen einer Landeshauptstadt einen dörflichen Charakter hat, wurde zum Motto „kleinste Großstadt der Welt“ verdichtet. Unter dieser Dachmarke kann man die Geschichte der Stadt immer neu erzählen.
Zum Beispiel?
Wir haben bei knapp 15.000 Einwohnern jährlich rund 800 Kulturveranstaltungen, eine umfassende Bildungslandschaft vom Kindergarten bis zur Hochschule oder 1,6 Arbeitsplätze je Einwohner. Dazu kommen Baujuwele wie das Schloss Esterhazy oder die Haydnkirche. All das würde man in einer Stadt dieser Größe nicht vermuten.
Dass Eisenstadt größer ist als es scheint, hängt auch an der Tradition – Esterhazy und Haydn; wie wichtig ist der Friede zwischen Land und Esterhazy?
Wir hatten auch in Zeiten der Funkstille zwischen Land und Esterhazy ein gutes und professionelles Verhältnis zu Esterhazy. Deshalb freue ich mich, dass beide wieder zusammenarbeiten.
Muss sich Eisenstadt international noch stärker als die Haydn-Stadt positionieren?
Das Potenzial kann man sicher noch besser heben und wir beginnen heuer im Rahmen des 210. Todestages Haydns damit. Ich glaube, dass man Haydn in der Stadt noch mehr spüren kann.
Um mehr Gäste in die Stadt zu bringen, braucht es ein Vier- oder Fünfstern-Hotel, das Esterhazy auf dem Gelände der alten Gebietskrankenkasse plant...
Das wäre für die Stadt eine Supersache. Mit Kulturzentrum und Schloss haben wir ideale Angebote für den Kongresstourismus, aber die Bettenkapazität fehlt.
Damit das labile Gleichgewicht zwischen Großstadt und Dorf hält, darf Eisenstadt nicht zu groß werden. Wie geht das?
Wir haben derzeit knapp 14.700 Einwohner, mit Nebenwohnsitzen rund 16.800. Wir wollen weiter wachsen, aber nur um etwa 1,5 Prozent pro Jahr. Sonst bräuchte es extreme Investitionen in die Infrastruktur.
Wo soll künftig Wohnraum geschaffen werden?
Der bis 2030 gültige Stadtentwicklungsplan untersagt nördlich des Schlossparks neue Bauten, im Süden der Stadt gibt es genügend Baugrund, etwa beim Bahnhof oder der Feldstraße.
Nördlich des Schlossparks steht der wuchtige Betonklotz der ehemaligen Pädagogischen Akademie seit Jahren leer. Was soll damit passieren?
Das ist ein sehr sensibler Bereich und wir stehen mit der Diözese als Eigentümerin in ständigem Kontakt. Aus meiner Sicht ist es dort nicht möglich, 200 Wohnungen hinzuknallen, Bildungseinrichtungen hielte ich aber für gut.
Als Sie 2011 Bürgermeister wurden, haben Sie das Ende der großen Wohnkomplexe ausgerufen, jetzt wurde im Stadtteil St. Georgen wieder eine große Anlage mit Wohnungen und Reihenhäusern errichtet?
Dort und bei anderen Wohnbauten von Bauträgern gab es seit Jahrzehnten entsprechende Widmungen. Und Reihenhäuser sind für mich nicht wirklich verdichtete Bauten. Dazu kommt, dass die Bauträger künftig bis zu 30 Prozent der Grundstücksflächen in öffentliche Hand zurückgeben. Dort können wir Freiräume schaffen und die Zupflasterung verhindern.
Großstädtischer wird Eisenstadt beim Individualverkehr mit Staus zu Stoßzeiten. Könnte die Ausweitung des Stadtbusses auf die Umlandgemeinden gegensteuern?
Ich habe im Vorjahr mit Bürgermeistern der Region Gespräche geführt, manche haben Interesse, fixe Vereinbarungen gibt es noch nicht. Ich würde das Kleinbus-System landesweit umsetzen, mit jährlich 15 Millionen Euro könnte das Land rund 100 Buslinien schaffen.
Wann bekommt Eisenstadt endlich einen Bahnhof, der einer Landeshauptstadt entspricht? Viele Eisenstädter steigen in Wulkaprodersdorf oder Müllendorf in den Zug nach Wien.
Der Bahnhof ist in Ordnung, das Thema ist die fehlende Direktverbindung nach Wien. Das Problem kann man durch einen eng getakteten Bus-Zubringer nach Müllendorf lösen oder durch eine neue Bahntrasse. Ich bin für alles offen, dabei sind aber auch Bund und Land gefragt.
Was auch noch fehlt, ist ein Kino. Gibt‘s nach dem 2018 an Anrainerprotesten gescheiterten Projekt einen neuen Anlauf?
Momentan ist kein Betreiber in Sicht. Das Kinogeschäft ist schwierig, ich habe mir erst jüngst die Kinos in Mattersburg und Parndorf angeschaut und war entsetzt über die Frequenz.
Zur Politik: Die SPÖ stellt sich neu auf, sehen Sie mit Ihrer absoluten Mehrheit die künftige Vizebürgermeisterin Lisa Vogl als „Jausengegnerin“?
Überhaupt nicht, ich sehe in ihr auch keine Gegnerin. Wir haben trotz absoluter Mehrheit lange mit den Grünen zusammengearbeitet, dann kurz mit der SPÖ und jetzt wieder mit den Grünen. Wenn sich die SPÖ wieder gefunden hat, kann ich mir auch da wieder eine Zusammenarbeit vorstellen.
Sie sind seit 2011 Bürgermeister, sind Sie‘s 2021 immer noch oder schon Landeshauptmann?
Ich bin sehr gerne Bürgermeister, andere Funktionen sind jetzt überhaupt kein Thema. Ich bin ÖVP-Landesobmann und werde alles tun, damit wir bei der Landtagswahl 2020 ein gutes Ergebnis einfahren und wieder mehr Verantwortung im Land bekommen. Um Personen geht‘s dabei gar nicht, schon gar nicht um meine.
Vor dem Sommer kürt die ÖVP bei einem Parteitag den Spitzenkandidaten, das werden doch Sie sein?
Das werden wir dann kommunizieren.
Für sich haben Sie das schon entschieden?
Selbstverständlich.
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