Angesichts des Gesamtschadens der Bankpleite von zumindest 600 Millionen Euro ging es unter vor dem Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richterin Karin Lückl nur um Peanuts. Der frühere Prokurist B. der Bank soll Pucher 2017 mit seinem Wissen um angebliche Unregelmäßigkeiten bei Kreditkonten erpresst haben und im Zuge seines Abschieds aus der Bank zu seiner ohnehin sehr üppigen Abfertigung von rund 200.000 Euro brutto weitere 70.000 bis 90.000 Euro gefordert haben.
Pucher habe Klikovits mit der Beschaffung des Geldes aus den "nicht realen Geldkreisläufen" der Bank beauftragt, wie Oberstaatsanwalt Peter Komenda von der anklagenden Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft formulierte.
Erpressung, Veruntreuung, Schweigegeld
Dem Prokuristen wurde Erpressung (§ 144 Abs 1 StGB) zur Last gelegt, Pucher und Klikovits Veruntreuung in unterschiedlichen Beteiligungsformen (§ 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB). Klikovits, die in dunklem Hosenanzug und mit schwarzer Coronamaske vor Gericht erschien, zeigte sich geständig, das "Schweigegeld" aus der Bank entnommen und Pucher in einem Kuvert übergeben zu haben. Der Prokurist bestritt alle Vorwürfe und sah sie als "Revanche" der Ex-Vorstände, die ihn schon zuvor jahrelang gemobbt hätten.
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Es gebe "keinen einzigen Grund", warum seine Mandantin den früheren Prokuristen belasten sollte, sagte Klikovits` Anwalt Johann Pauer. Sie strebe "keinen Kronzeugenstatus" an und wisse, dass sie "eine Strafe ausfassen wird", dennoch lege sie ihre Rolle in der Pleitebank "schonungslos offen".
Dem widersprach B.`s Verteidiger Babak Rousta vehement: Pucher und Klikovits "haben viele Jahrzehnte gelogen und betrogen", warum sollte man ihnen in diesem Fall also glauben? Außerdem habe sein Mandant gar "kein Sonderwissen in der Bank" gehabt, das ihn befähigt hätte, etwas von angeblichen Malversationen mitzubekommen. B. gab indes selber an, fünf Funktionen in der Commerzialbank gehabt zu haben.
Dass ihm Pucher Ende Dezember 2017 im Stadioncafe des SV Mattersburg ein Kuvert mit Geld übergeben habe, bezeichnete B. als "Lüge". Das könne schon allein deshalb nicht sein, weil das Cafe ab Weihnachten immer gesperrt hatte. Er habe nur am 18. Dezember 2017 und einige Tage davor über die Modalitäten bei der Beendigung des Dienstverhältnisses gesprochen. Dass Pucher während des Gesprächs "zu weinen begonnen hat", sei ihm "sehr unangenehm gewesen", erinnerte sich der Ex-Prokurist, dem laut Pucher nur neun Monatsgehälter als Abfertigung zustanden - bekommen haben soll er aber 31.
Einblicke in das Betriebsklima
Die Befragung der beiden Angeklagten bot auch Einblicke in das Betriebsklima der Commerzialbank. Klikovits gab an, dass sich das Verhältnis zu Pucher ab 2018 stark verschlechtert habe, seit der behördlichen Schließung der Bank Mitte Juli 2020 habe sie Pucher weder gesehen noch mit ihm gesprochen - Klikovits war seit Mitte der 1980er-Jahre Mitarbeiterin Puchers. Und B. erzählte vom deftigen Umgangston Puchers. „Die da drüben (gemeint war Klikovits) soll scheißen gehen“, habe der Bankgründer einmal zu ihm gesagt.
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Dass B. in zeitlicher Nähe zur angeblichen Schweigegeldzahlung knapp 57.000 Euro in bar eingezahlt habe, erklärte der Beschuldigte unter anderem mit Goldverkäufen in Bratislava. "Wir müssen dem jetzt wirklich genau nachgehen", widmete Richterin Lückl dieser Frage breiten Raum. Diskutiert wurde darüber, warum auf der slowakischen Rechnung die angeblich ankaufende Firma als "Lieferant" tituliert wurde. "Das müssen Sie die Firma fragen", ereiferte sich B. Er sei am 27. Dezember 2017 und am 15. Jänner 2018 "definitiv vor Ort gewesen", um Gold aus seinem und seines Vaters Besitz zu verkaufen.
Der Masseverwalter der Commerzialbank schloss sich als Privatbeteiligter mit einem Anspruch von 70.000 Euro dem Verfahren an. Im Laufe des Tages sollen mehrere Zeugen aus der Bank befragt werden. Ein Urteil ist für 15.30 Uhr geplant.
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