Dass die Mühlen der Justiz in Sachen Commerzialbank Mattersburg AG langsam mahlen, bekommt am Freitag in Saal 7 des Landesgerichts Eisenstadt eine zusätzliche Bedeutung: Mit anscheinend unerschütterlicher Gelassenheit blättert die Oberstaatsanwältin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) immer wieder in ihren Unterlagen.
"Gibt`s noch Vorhalte", fragt Richterin Michaela Stückler schließlich mit Engelsgeduld in Richtung der Anklägerin. Als eine merkbare Reaktion ausbleibt, fügt sie hinzu: "Ich gebe Ihnen noch ein paar Minuten".
Angeklagt ist die frühere dritte Vorständin neben Bankgründer Martin Pucher und dessen rechter Hand Franziska Klikovits.
Der 69-Jährigen, die zwei Jahre vor der im Jahr 2020 erfolgten behördlichen Schließung der Commerzialbank in Pension gegangen ist, wird zur Last gelegt, sie sei in den Jahren 2013 bis 2018 dafür zuständig gewesen, dass die Commerzialbank die Kosten der Weihnachtsfeiern von drei Polizeiinspektionen in und um Mattersburg übernommen habe – „um diese in ihrer Tätigkeit zu beeinflussen“.
Das Strafmaß für Vorteilszuwendung zur Beeinflussung von Amtsträgern wie etwa Polizisten beträgt bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe.
Die von Mirko Matkovits (Beck + Partner) vertretene Ex-Bankerin bekennt sich "nicht schuldig".
Seit Mitte Jänner - viereinhalb Jahre nach der Schließung der Regionalbank - läuft im großen Saal des Landesgerichts der erste große Strafprozess im Zusammenhang mit der Commerzialbank (der KURIER hat berichtet). Dabei geht es um 70 Millionen Euro. Die Gläubigerforderungen an die Pleitebank liegen jenseits von 800 Milllionen Euro.
Bei den 13 fraglichen Weihnachtsfeiern der Polizeinspektionen Mattersburg und Zemendorf sowie der Autobahnpolizei Mattersburg, die am Freitag verhandelt werden, geht es um Beträge zwischen 490 und 2.700 Euro.
Übrigens: Die mittlerweile allesamt schon pensionierten verantwortlichen Polizisten dieser Inspektionen sind mit Diversionen davongekommen.
Die Ermittlungen gegen Pucher hat die WKStA eingestellt, weil er in einem anderen Commerzialbank-Verfahren zu elf Monaten bedingt verurteilt wurde und zu weiteren Punkten bereits angeklagt sei, er somit "keine wesentliche (Zusatz-)Strafe zu erwarten" hätte.
Also sitzt die 69-Jährige allein vor der Richterin. Mit den Feiern von zwei der drei Dienststellen sei sie überhaupt nicht befasst gewesen, auch in einem entsprechenden Gutachten käme ihr Name kein einziges Mal vor.
Nur mit Zemendorf, wo sie 1973 ihre Bankkarriere startete, habe sie zu tun gehabt. Allerdings habe sie erstens auch da nur stets nach Vorgaben von Pucher gehandelt und zweites gehe es Kosten von 22 bis 24 Euro pro Person (an den Weihnachtsfeiern haben auch die Ehepartner der Beamten teilgenommen).
Diese Beträge lägen weit unter der Bagatellgrenze von 100 Euro und seien nicht strafbar, so die Argumentation des Verteidigers.
Das sieht die WKStA anders, es gehe nicht um Kosten pro Person, sondern um die Gesamtsummen, also um deutlich mehr als 100 Euro.
Ein Beamter der PI Zemendorf habe sie demnach jedes Jahr im Stadion des SV Mattersburg, bei dem Pucher Präsident war, auf die Übernahme der Kosten für die Feier angesprochen. Sie habe das an Pucher weitergeleitet, der sein Okay gab.
Nach der Weihnachtsfeier habe der Polizist die Rechnung in die Bank gebracht und das Geld bar erhalten. Sie habe bloß die Zahlungsbelege unterschrieben, so die Angeklagte.
Überhaupt sei das eine "Werbemaßnahme" der Regionalbank gewesen. „Wir haben in unserem Einzugsgebiet sämtliche Vereine und Organisationen unterstützt, bei Veranstaltungen und bei Anschaffungen“, erklärte die frühere Vorständin.
Das deckt sich auch mit der früheren Aussage eines beteiligten Polizisten. "Jeder hat etwas bekommen von der Commerzialbank", gab er zu Protokoll und weiter: "Pucher hat sich eingebildet er muss jedem etwas geben".
Bleibt die Frage einer allfälligen Beeinflussung der Polizeiinspektionen durch die Begleichung der Weihnachtsfeiern. Aber, so der Polizist in seiner Befragung: Ein Fehlalarm in der Commerzialbank und im Privathaus Puchers sei "immer verrechnet" worden, außer die Landesleitzentrale habe den Alarm selbst widerrufen.
Und auch anderswo habe Pucher brav bezahlt: Der Bankchef sei "ein Schnellfahrer" gewesen, weiß der Ex-Polizist. "Er hat so viele Strafen bezahlt und trotzdem was für unsere Feier bezahlt", wundert sich der frühere Gruppeninspektor.
Ein Urteil gab es am Freitag nicht. Die Verhandlung wurde "auf unbestimmte Zeit" vertagt. Dann sollen auch Zeugen gehört werden, einer der Polizisten, frühere Bankmitarbeiter - und Pucher.
Der ist laut Gutachten zwar verhandlungsunfähig, Matkovits, der auch im "großen" Commerzialbankprozess einen Mandaten vertritt, hat dort aber beantragt, das Gericht möge untersuchen lassen, ob Pucher als Zeuge aussagen kann.
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